Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

   
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48 Aloys Meister: Deutsche Verfassungsgeschichte des Mittelalters usw. 
Unterstellten, pincernae, hatten für die Getränke zu sorgen. Daneben gab es in der 
Karolingerzeit noch andere Hofämter: einen obersten Türwart, der zugleich Zeremo- 
nienmeister war, einen Quartiermeister, der bei den Reisen des Hofes und dem Wech- 
sel der Residenz in Tätigkeit trat, einen Schwertträger, spatarius, dann weiter Tür- 
steher, Jäger, Ausläufer, Köche, einen Leibarzt und in der Karolingerzeit auch einen 
Bibliothekar. 
Neben diesen vorzusgweise zur eigentlichen Hofverwaltung nötigen Beamten 
gab es noch andere, die einen weiteren Wirkungskreis hatten und Organe der Reichs- 
verwaltung wurden, nämlich vor allem die Hausmeier und die Pfalzgrafen, beson- 
ders aber die Beamten der Kanzlei. Am Hofe war auch der Sıtz der obersten Domä- 
nenverwaltung und endlich bildete auch die Geistlichkeit der Hofkapelle einen starken 
Einschlag im Gesamtbild des fränkischen Hofes. 
b) Der Hausmeier (Majordom). 
PrrTz, Gesch. der merowingischen Hausmeier. 1819. ScHOENE, Die Amtsgewalt der frin- 
kischen Majores domus. 1858. E. HERMANN, Das Hausmeieramt ein echt germanisches Amt. 1880 
in GIERKES Unters. 9. Warrz, Vfg. 2?. 2 S. 88f£. BRUNNER, Rg. 2, S. 104f. 
Der Hausmeier, major domus, ist ursprünglich der Vorsteher der Knechte, ihm 
untersteht das gesamte Hausgesinde. Der major domus des königlichen Hoflagers 
mußte eine angesehene Persönlichkeit sein, weil die Hausämter am Königshofe, die 
unter seiner Aufsicht standen, vielfach von vornehmen Leuten ausgeübt wurden. 
Ganz im Einklang mit dem Ursprung der Hausmeierstellung hatte nicht etwa der 
König allein, sondern auch die Königin, die Prinzen und Prinzessinnen einen Hans- 
meier für das Gesinde ihres Haushaltes. Gab es mehrere Teilkönige, so hatte jeder 
naturgemäß seinen eigenen Hausmeier für seinen Hofstaat, wir haben darum einen 
austrasischen, einen neustrischen und einen burgundischen Hausmeier. 
Der königliche Hausmeier erscheint seit dem Ende des 7. Jhs. als Vorsteher der 
trustis. Da aber die trustis die heranwachsende adelige Jugend umschloß, so kam es 
ganz von selbst, daß der königliche major domus der Vertrauensmann und das Haupt 
der Aristokratie wurde. So wird der major domus im Kampfe zwischen Aristokratie 
und Königtum unter Brunhilde zum Vertreter der Interessen der Aristokratie gegen 
das Konigtum. Der Sieg der Aristokratie ist der Sieg des Majordomats über das König- 
tum; Chlotar II. muB im Jahre 613 die Unabsetzbarkeit dem Hausmeier Warnackar 
zugestehen. Wie aber der Hausmeier aufhort, absetzbarer Beamter zu sein, hat das 
Konigtum jeden Einfluß auf ihn verloren. Anfangs hatte der König den Hausmeier 
ernannt, dann hatte die Aristokratie durchgesetzt, daß sie bei der Ernennung des 
Hausmeiers ein entscheidendes Wort mitsprach; zuletzt aber erhebt sich der Haus- 
meier über die Aristokratie, die ihn erhoben hat, und die Hausmeierwürde wird erb- 
lich. Nach dem Siege des austrasischen Hausmeiers Pippin bei Tertri 687 über den 
neustrischen Hausmeier Berthar verbinden die Arnulfinger die Hausmeierwürde 
dauernd mit ihrem Hause, und zwar für alle drei Reiche. 
Parallel mit dieser äußeren Entwicklung des Hausmeiertums geht die wach- 
sende Bedeutung der Stellung des major domus. Noch mit der Aufsicht über die 
Kónigspfalz mag es zusammenhängen, daß er früh Einfluß auf das Domänenwesen 
erhült, er spielt bei Krongutverleihungen eine Rolle und ist schließlich der Vorsteher 
der gesamten Dománenverwaltung (s. unten unter e). Am Hofe wird er zunächst der 
vornehmste Berater des Kónigs und Beisitzer im Kónigsgericht. Soitdem gewinnt 
er immer mehr EinfluB auf die Reichsverwaltung; seine Hausverwalterstelle gibt 
er ab an den Seneschalk, und dadurch wird seine Stellung ganz zum Reichsamt. Die 
1) Fredegar IV c. 42. 
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
	        
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