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50 Aloys Meister: Deutsche Verfassungsgeschichte des Mittelalters usw.
Merowinger und Karolinger. FICKER, Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens, 1. 1868.
S.312f. Warrz, Vig. 2, S. 761., 191 ; 3, S. 510; 4, S. 485f. BRUNNER, Rg. 2, S. 108f.
Der comes palatii war in der Merowingerzeit ein Hofbeamter, der insbesondere
beim Königsgericht Verwendung fand; er ist Beisitzer des königlichen Hofgerichts.
Daneben aber konnte er wie alle Hofbeamten mit beliebigen anderen Aufträgen des
Königs betraut werden. In den Placita des Königsgerichts findet sich die Formel:
in quantum comes palatii nostri testimoniavit; daraus geht hervor, daB der Pfalz-
graf die Verantwortung trug für den Inhalt der Gerichtsurkunden, während ein Be-
amter der Kanzlei, ein Referendar, die Urkunden rekognoszierte. Das Zeugnis des
Pfalzgrafen verbürgte den richtigen Hergang bei der Gerichtsverhandlung und das
Ergebnis dieser Verhandlung.
Der Pfalzgraf hat in Abwesenheit des Königs als dessen Vertreter selbständig
den Vorsitz im Königsgericht geführt. Daraus entwickelt sich in der Karolingerzeit
neben dem Königsgericht ein besonderes Pfalzgrafengericht. Die Gerichtsurkunden
werden jetzt nicht mehr von der Kanzlei geschrieben, sondern unter dem Pfalzgrafen
entsteht eine Gerichtsschreiberei; pfalzgräfliche Notare schreiben jetzt die Placita.
Der König reservierte sich für sein Gericht, in dem der Pfalzgraf nach wie vor Bei-
sitzer blieb, die Streitsachen der Großen des Reiches und die Fälle, in denen das
Volksrecht nicht ausreichte. Alle anderen Fragen, die an das Hofgericht herantraten,
wurden dem Gericht des Pfalzgrafen überlassen. Der Pfalzgraf wird dadurch allmäh-
lich zu einer Zwischeninstanz zwischen Untertanen und König. Gesuche und Anträge
der Untertanen an den König gehen durch seine Hand; er ist der Vermittler zwischen
Volk und König. Seine unter den Karolingern auf diese Weise gehobene Stellung ver-
schafft ihm ehrenvolle Aufträge, er wird als Gesandter, ja sogar als Heerführer ver-
wandt.
Gab es schon zur Merowingerzeit zuweilen mehrere Pfalzgrafen, so ist dies auch
in der Karolingerzeit der Fall. Insbesondere haben die karolingischen Kónige Italiens
einen eigenen Pfalzgrafen gehabt.
e) Die Domänenverwaltung.
E. HrrMANN, Hausmeieramt: Anhang 2 über die fránkischen domestici. S. 103f. FamL-
BECK, Royauté etc. Annexe V: Le domesticus. Warrz, Vig. 2° 2 8S. 45; S. 141. BRUNNER, Rg. 2,
S. 117f. A. Dorscx, Die Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit 1912.
In der Merowingerzeit finden wir am Känigshofe einen obersten Verwalter der
Domänen, den Hofdomestikus. Der Ausdruck domesticus bedeutete urspriinglich
Hofbeamter im allgemeinen, der Begriff verengert sich dann zum Amtstitel des Do-
mänenvorstehers. Er hatte den Rang eines comes und ist wohl dem römischen comes
rerum privatarum nachgebildet. Der Hofdomestikus scheint einen Amtssprengel,
etwa das zu einer Residenzpfalz gehörige Königsgut, direkt verwaltet zu haben, wäh-
rend er im übrigen den anderen provinzialen domestici übergeordnet ist. Als Hof-
beamter wird der Oberdomestikus auch zu anderen Hofdiensten herangezogen, so daß
wir ihn auch als einen Beisitzer im Königsgericht erwähnt finden.
Unter dem provinzialen domesticus, der dem Hofdomestikus unterstellt ist,
versteht man den Domänenverwalter, der dem dux einer Provinz beigesellt ist zur
Verwaltung der Domänen in dieser Provinz. Die einzelnen Gutskomplexe, fisci, wer-
den von actores mit Hilfe ihnen unterstellter ministeriales bewirtschaftet. Zuweilen
werden mehrere Güter zu einer decania vereinigt, deren Verwalter dann decanus heißt.
Unter den Karolingern ändert sich die Domänenverwaltung insofern, als der
Hofdomestikus verschwindet und mit der Abschaffung der Dukate auch die pro-
vinzialen domestici fortfallen. Es beginnt jene Selbständigkeit der Lokalbeamten,
die für das mittelalterliche Beamtenwesen überhaupt charakteristisch ist. Nur die-