Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

   
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Die Provinzialverwaltung 55 
ginus!); er hat seinen Namen von seiner Tätigkeit am thunk, donk = Hügel?), Ge- 
richtsanhôhe, Malberg. Er hat nicht mehr alle Befugnisse des früheren princeps, er 
ist nur Hügelrichter. 
Dieselben Funktionen des thunkin übernimmt später der Graf, als dieser 
Richter wird; deshalb verschwindet der thunkin mit der Durchführung der Graf- 
schaftsverfassung. Wir haben also hinsichtlich des Gerichtswesens die Aufeinander- 
folge von princeps, thunkin, Graf. 
2. Der sacebaro. 
Es ist ein kôniglicher Beamter mit dreifachem Wergeld. Die Lex Salica bestimmt 
für ihn, daB nicht mehr als drei sacebarones gleichzeitig an einem mallus anwesend 
sein sollten. Daraus geht hervor, daß es kein Beamter war, dem ein fest abgegrenzter 
Amtsbezirk zugewiesen war. Und weiter kann man aus dieser Stelle schließen, daß 
es für seine Aufgabe und mithin für das kónigliche Interesse nicht dienlich war, wenn 
zu viel sacebarones an einem Orte auftraten. Wir dürfen im sacebaro wohl einen Be- 
amten erblicken, den der Konig susschickte, damit er die Durchführung kóniglicher 
Anordnungen überwache und Abgaben für den Kónig in Empfang nehme. Er ist also 
ein kommissarischer Beamter zur Kontrollierung, ob die Rechte des Kónigtums über- 
all gewahrt würden. Daraus erklärt sich, daß er uns gerade in der Übergangszeit, in 
der sich die königlichen Ansprüche erst bildeten und nur nach und nach zur Geltung 
gebracht werden konnten, entgegentritt. Sacebaro und Graf konkurrierten dann eine 
Zeitlang, insofern sie beide auf die Wahrung der königlichen Rechte zu achten hatten. 
Nachher machte der Graf den sacebaro überflüssig, und so verschwindet er mit dem 
Vordringen des Grafschaftssystems. 
Als Kontrollbeamter ist er in gewissem Sinne ein Vorläufer des missus dominicus. 
3. Der praefectus. 
An den Grenzen und in noch nicht beruhigten oder in gefährdeten Bezirken und 
in neuerworbenem Gebiete wird oft ein praefectus erwühnt. Er ist ein militärischer 
Kommandant, der in erster Linie den Schutz dieser Gegend zu gewährleisten hat.®) 
Solche Prüfekturbezirke sind von ganz verschiedener Größe und von verschiedener 
Dauer. Der rómische praefectus castrorum lieferte das Vorbild und ist in dem Kom- 
mandanten einer Befestigung, im castellanus und praefectus einer Burg wieder zu 
erkennen. Aber gerade an der Grenze sind es auch größere Bezirke, die ihm unter- 
stellt sind. Solche Prüfekturbezirke der Übergangszeit werden spáter oft Grafschaften 
und Markgrafschaften. Der Militárgouverneur wird, wenn die Beruhigung erfolgt ist, 
durch den Zivilgouverneur abgelóst. 
1) Die bisherigen nicht befriedigenden Erklürungsversuche siehe BRuNNER, Rg. 2. S. 149. 
Anm. 4. d 
2) Auf die Ableitung von thunc hat zuerst hingewiesen: v. AMIRA, GrundriB ? S. 115, thunginus 
— Abhalter des thunc, aber in der Bedeutung von thunc = placitum. Es mufi hinzugefügt werden, 
daß gerade im fränkischen Sprachgebiet, das uns allein die Bezeichnung thungin überliefert hat, 
Ortsnamen mit thunc oder donk'gebildet, sehr háufig sind, so in Südholland, Brabant, Limburg und 
am Niederrhein. Vgl Garr&z, Nomina geographica Neerlandica. 1893. JELLINGHAUS, Die west- 
fälischen Ortsnamen nach ihren Grundwärtern. 1896. I. LEITHAEUSER, Bergische Ortsnamen. 1901. 
S.21f. Andere weniger zusagende Deutungen von thunginus führt SCHRÔDER an, Rg. 5, 5. 185 Anm. 4. 
3) C. RóaEL will in seinem Buche ,,Die Franken in den Prifekten Markscheider sehen; 
die praefectura soll mit der Markensetzung und Ausscheidung des Königsgutes ihr Ende erreicht 
haben (S. 302). Vgl. dagegen meinen Aufsatz über die Präfektur im HJb. 1906, S. 253ff. Selbst- 
verständlich wurde ein Präfekt, wenn in seinem oder dem Nachbargebiete große Gutskomplexe 
ausgeschieden und etwa einem Kloster zugesprochen wurden, wie in der „vesticio“ von Fulda, als 
Zeuge zugezogen, ebenso wie die daselbst amtierenden presbyteri. Nur das kann man aus den Wor- 
ten der vesticio vom 7. März 747: in vesticione ipsius loci affuere herauslesen nicht, daß die drei 
genannten Präfekten die Markscheider waren (RÜBEL, S. 54). 
  
     
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
  
   
  
  
    
     
  
     
	        
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