Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

   
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Karls d. Gr. Gerichtsreform 79 
Durch Ansetzen gebotener Dinge für die Erntezeit wurde der Bauer oft schwer ge- 
schädigt. Soziale Rücksichtnahme, die Absicht, die Bedrückung der Ärmeren zu ver- 
eiteln, veranlaßten deshalb Karl d. Gr. zu einer Reform des Gerichtswesens, die uns 
nicht mehr im Wortlaut erhalten ist, auf die er aber in einem Diedenhofener Kapi- 
tulare von 805 Bezug nimmt, und die ein Kapitulare Ludwigs d. Fr. 819 erwühnt.*) 
Danach hat Karl d. Gr. die allgemeine Dingpflieht auf drei Vollgerichte (tria 
placita generalia) jáhrlich in jedem Gerichtsbezirk beschrünkt. Es sind darunter bei 
den Franken drei echte Dinge gemeint.^) Da die Unterscheidung von echten und ge- 
botenen Dingen nicht übers ganze Reich, (z. B. nicht in Bayern,) verbreitet war, $0 sind 
in anderen Stammesgebieten drei der dortigen Gerichte als alleinige Vollgerichte bei- 
behalten worden. 
Die Folge davon war, daß die gebotenen Dinge in der Folgezeit nur noch aus 
wenigen Geladenen bestanden; aufer den Schóffen waren nur noch die Parteien mit 
ihren Zeugen entboten.?) Der Graf leitete diese kleinen Gerichtssitzungen nicht 
mehr, sondern überließ sie dem Zentenar oder Schultheiß, während er sich mit dem 
Vorsitz in den Vollgerichten begnügte. Infolgedessen schied sich bald auch die Materie 
nach Vollgericht des Grafen und gebotenem Gericht des Schultheißen, indem Krimi- 
nalsachen und Streit über Leben und Eigentum dem Grafengerichte, Frevel, Schuld- 
sachen und fahrende Habe dem Schultheißgerichte zufielen. Daraus ergibt sich die 
dem MA. geläufige Trennung von hoher und niederer Gerichtsbarkeit. 
b) Das Schóffentum. 
Im Zusammenhang mit der Einschränkung der allgemeinen Dingpflicht stand 
die Einführung von ständigen Urteilsfindern an Stelle der stets nur für eine Gerichts- 
sitzung ausgewählten Urteilsweiser, der Rachineburgen. Es mochte vielleicht schon 
vorher hier und da eine gewisse Stetigkeit in den Personen der Urteilsweiser ein- 
getreten sein; die angesehensten unter den Freien, die Besitzer der großen Urhöfe, 
haben wohl auch diesen Vorzug genossen, daf man zuerst sie um ihr Urteil tragte. 
Da, wo nur wenige erfahrene Leute zur Verfügung standen, wird die Auswahl der 
Raehineburgen immer zu denselben Personen zurückgekehrt sein. Oder es ist eine 
Beschränkung in der Auswahl dadurch entstanden, daB man gewohnheitsmäBig die 
Gemeindevorsteher, die Bauerrichter, zu Rachineburgen bestimmte.?) Jedenfalls ist 
da, wo die gebotenen Dinge der Reform Karls d. Gr. eingeführt wurden, wegen ihrer 
schwachen Frequenz von vornherein die Notwendigkeit entstanden, für eine genügende 
Anzahl Urteilsfinder zu sorgen. Aus der Beobachtung, daB wir dann die stándigen Ur- 
teilsfinder auch bei den ungebotenen, echten Dingen auftreten sehen, läßt sich vielleicht 
schließen, daß bei ihrer Einführung auch die Einsicht maßgebend wurde, daß dadurch 
die Rechtsprechung von dem veränderlichen Urteil wechselnder Rachineburgen in 
eine stetigere Praxis und größere Gleichförmigkeit hinübergeführt werden sollte, 
Diese ständigen Urteilsfinder erhielten den Namen Schöffen, von scapjan, schaffen, 
ordnen; sie bedeuten also die Recht Schatfenden, die Ordnenden.*) Die Konstitution, 
in der Karl d. Gr. das Schóffentum ins Leben gerufen hat, ist uns nicht erhalten ; 
1) Cap. 14. MG. Leg. Sect. II. Bd. 1, S. 290: de placitis, quos liberi homines observare debent, 
constitutio genitoris nostri penitus observanda est, ut videlicet in anno tria solummodo generalia 
placita observent. Auch das Cap. Ital. Pippini von 801—810 c. 14 weist darauf hin. (Ebd. S. 210.) . 
2) Etwas abweichend HEkusrER, Vg. S. 111. 
3) Vgl. Westfülische Landrechte I, S. XXII, XXVII u. S. 180. 
4) Wo das Volksgericht bestehen blieb, wie in den westfilischen Gogerichten, hat das Vor- 
bild der daneben eingerichteten Grafengerichte auch beim Volksgericht zu einer Anzahl stándiger 
Urteilsfinder geführt. Die Inhaber der alten ursprünglichen Hófe, der Sattelhófe, haben hier das 
Vorrecht erlangt, als vereidigte Sattelmünner allein das Urteilerrecht auszuüben. Westfälische 
Landrechte I. S. XXVf. 
    
    
   
    
   
   
  
    
    
  
   
   
   
  
    
  
  
  
   
  
  
    
    
   
   
   
   
    
   
   
    
     
    
     
  
   
  
  
  
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