Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

  
       
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
      
   
S0 Aloys Meister: Deutsche Verfassungsgeschichte des Mittelalters usw. 
sie muB schon zwischen 769 und 775 erfolgt sein.) Wir kónnen aber aus späteren 
Kapitularien, besonders aus einem Kapitulare von 803") erschlieBen, daB die Sehóffen 
auf Lebenszeit gewählt wurden, und zwar durch den Richter, (den Grafen oder 
missus,) und das Volk. Ihre Stellung wurde als Amt, ministerium, aufgefaßt und 
deshalb leisteten sie dem König einen Amtseid. Die Schöffen sind demnach könig- 
liche Beamte im Gegensatz zu den Rachineburgen des älteren fränkischen Rechts. 
Das Amt hatte für eine ganze Grafschaft, nicht etwa bloß für einen Malbergbezirk 
(Zentene, Siedelungsgebiet, Go) Geltung. Bei jedem gräflichen Schöffengericht soll- 
ten sieben Schöffen mitwirken; es sind aber stets einige mehr als sieben in der Graf- 
schaft, etwa zwölf, vorhanden, damit im Notfalle eine Ergänzung vorgenommen 
werden kann. Das Schöffenamt wird später erblich. 
Nur sehr langsam drang das Schöffentum über das fränkische Rechtsgebiet 
hinaus zu den anderen Stämmen. Im echten Ding trat zur Urteilsfindung der Schöffen 
noch die Genehmigung des Urteils durch die Gerichtsgemeinde hinzu. Mithin haben 
die Schöffen im echten Ding genau die Stellung, wie sie die Rachineburgen im alt- 
fränkischen Rechte gehabt haben: sie sind hier lediglich Ratgeber der Gerichtsgemeinde 
und haben das Urteil nur vorzuschlagen. Sie sind also für das echte Ding ein stündiges 
Rachineburgenkolleg. Im gebotenen Ding waren die Schóffen die alleinigen Urteiler. 
Der Richter erließ in beiden Gerichten, wie es altgermanischer Brauch war, das Rechts- 
gebot. Der dualistisehe Charakter des Staates blieb so im Gerichtswesen gewahrt. 
3. Die Polizeipflicht. 
W. SICKEL, Zum Ursprung desmittelalterlichen Staates. MIÖG. Ergbd.2. BRUNNER, Rg. 2,889. 
Schon in den germanischen Stammesrechten war die Pflicht der Volksgenossen 
ausgesprochen, den Verbrecher zu verfolgen und den friedlosen Missetäter zu töten; 
die Iränkische Zeit hat diese altgermanische Pflicht der Untertanen beibehalten. Je- 
der, der einen Verbrecher bemerkte, war verpflichtet, das ,, Gerüfte'* zu sehreien; tat 
eres nieht, so verfiel er der Buße. Jeder, der das Gerüfte hörte, war seinerseits ver- 
pflichtet, dem Gerüfte zu folgen und zur Bestrafung des Verbrechers beizutragen. 
Wer nicht herbeieilte, verfiel ebenfalls der Buße. 
Es trat neu hinzu die Befugnis des Grafen, die Insassen seiner Grafschaft zur 
Verfolgung des Verbrechers zu bannen; wer dieser Aufforderung nicht Folge leistete, 
verletzte die Pflicht der sogenannten Landfolge und verwirkte in der karolingischen 
Zeit den Königsbann. Der Graf konnte auch weiterhin die Gauleute zum Wachtdienst 
und zum Geleitdienst bei Übeltätern oder Angeschuldigten bannen. Es war Pflicht, 
auf diese Aufforderung hin den Beschuldigten zu bewachen und bei Gefangenen- 
transport Geleitdienste zu tun. 
In der Merowingerzeit kannte man schon die Haftung einer ganzen Zentene für 
einen Diebstahl. Sie brauchte jedoch keinen Ersatz zu leisten, wenn sie den Dieb 
fing oder wenn sie nachweisen konnte, daß seine Spur in eine andere Zentene führte. 
In diesem Falle war die andere Zentene verfolgungs- und haftpflichtig. 
4. Öffentliche Fron- und Abgabenpflicht. 
HUDEMANN, Gesch. des rómischen Postwesens wahrend der Kaiserzeit. 1875. HIRSCHFELD, 
+ Untersuchungen auf dem Gebiete der rómischen Verwaltungsgesch. I. 1877. F. Daxx, Zum Mero- 
wingischen Finanzrecht, in Germanistischen Abhandlungen K. v. MAURER dargebracht. 1893. 
L. F. Irss, Gesch. des deutschen Steuerwesens I. 1844. B. KOóTzsCHKE, Zur Gesch. der Heeressteuern 
in karolingischer Zeit. HVSchr. 2. BRUNNER, Rg. 2, 298f. u. § 90. 
1) Vgl ScunópnER, Hg.5, S. 182, Anm. 39. 
2) Waits, Vig, £5, 8. 304. 
  
	        
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