966 von Frankenberg: Die besond. gesetzl. Bestimmungen f. d. Fabrikbetrieb.
Die Stellung, die im übrigen der Fabrikant im gewerblichen
Leben einnimmt, ist in vielen Beziehungen eine besondere. Da er in
einem gewissen Gegensatze zu den Handwerkern steht, so ist seine
Beteiligung. an denjenigen Innungen, die in erster Reihe über das
Wohl und Wehe des Handwerkerstandes beraten sollen, d. h. an den
Zwangsinnungen, nur in sehr beschränkter Weise zulässig. Auf
seinen Antrag kann jemand, der das in der Zwangsinnung vertretene
Gewerbe im Innungsbezirke fabrikmäßig betreibt, durch Beschluß
der Innungsversammlung in der Innung Aufnahme finden, niemals aber
ist ein Zwang ihm gegenüber statthaft. Auch ist die von seinem
freien Willen abhängende Aufnahme in die Innung nur für seine
Person von Wirkung, sie erstreckt sich also weder auf seine Mit-
gesellschafter, auf Erben und sonstige Rechtsnachfolger, noch auf sein
Personal; für dasselbe sind das Innungsschiedsgericht, der Lehrlings-
ausschuß, die Krankenkasse und etwaige ähnliche von der Innung für
die von den Innungsmitgliedern beschäftigten Personen geschaffene
Einrichtungen nicht maBgebend (Kayser-Steiniger R.6G.O. 3. Aufl.
Anm. 3 zu $ 100 unten S. 344).
Anders liegt die Sache betreffs der Mitgliedschaft in einer freien
Innung. Hier ist der Fabrikinhaber grundsätzlich den Inhabern hand-
werksmäßiger Betriebe gleichgestellt, er unterliegt in bezug auf den
Ein- und Austritt denselben Bedingungen wie jeder andere, die Auf-
nahme darf ihm, wenn er den gesetzlichen und statutenmäßigen An-
forderungen entspricht, nicht verwehrt werden (§ 87 Abs. 5 R.G.O.),
und seine Mitgliedschaft zieht auch die Beteiligung seiner Gehilfen,
Arbeiter und Lehrlinge an den Einrichtungen der Innung in dem durch
Gesetz und Statut gezogenen Rahmen nach sich. Nach dem Tode des
Innungsmitgliedes gehen dessen Rechte und Pflichten — mit Ausnahme
des Stimmrechtes — bei Fortsetzung des Gewerbes für Rechnung der
Witwe oder minderjähriger Erben auf dieselben über (letzterenfalls
jedoch nur für die Dauer der Minderjährigkeit). Das Innungsstatut
kann der Witwe oder dem Stellvertreter eines Gewerbetreibenden auch
das Stimmrecht übertragen.!) Werden die minderjährigen Erben groß-
jährig, oder heiratet die Witwe, oder geht der Fabrikbetrieb in andere
Hände über, so erlischt die Innungsmitgliedschaft sofort (Kayser-
Steiniger Anm. 5 zu $ 87a R.G.O. S. 241/42).
Streitigkeiten darüber, ob jemand der Innung angehört oder nicht,
einerlei ob es sich um eine Zwangs- oder freiwillige Mitgliedschaft
handelt, werden von der Aufsichtsbehörde (in den meisten mittleren
und größeren Städten dem Stadtmagistrat) entschieden. Gegen deren
1) Unter dem Begriffe des Stellvertreters ist (im Gegensatze zu dem selb-
ständigen Inhaber, Pächter usw.) jeder zu verstehen, der im Namen und für
Rechnung des Inhabers auftritt. Nelken (Anm. 11 zu $ 87a R. G. O.) rechnet
auch den Fabrikdirektor mit Recht hierher.