Full text: Betrieb von Fabriken

   
  
     
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
   
  
  
286 von Frankenberg: Die besond. gesetzl. Bestimmungen f. d. Fabrikbetrieb. 
diesen Begriff. Eine Befreiung (Dispensation) oder Zulassung vorüber- 
gehender Abweichungen von diesem Beschäftigungsverbot ist schlechter- 
dings nicht gestattet. Verstöße werden wie alle Zuwiderhandlungen 
gegen die nachstehend besprochenen Beschränkungen der Arbeit 
jugendlicher und weiblicher Personen mit Geldstrafe bis zu 2000 ./, 
im Unvermögensfalle mit Gefängnis bis zu sechs Monaten geahndet 
($ 146 Nr. 2). Hierbei wird kein Unterschied gemacht, ob das Kind 
wirklich ein bestimmtes Arbeitspensum geleistet hat; oder ob es nur 
durch Zusehen angelernt wurde, ohne daß es Lohn erhielt (Reger, 
Entscheidungen Bd. 3 8.146, Bd. 11 8.25). Auch die Beschäftigung 
außerhalb der Fabrik, aber im Betriebe derselben (durch Botendienste 
u. dgl.) fällt unter die Bestimmung, desgleichen das Herbeiholen von 
Nahrungsmitteln für die übrigen Arbeiter. 
Was die Hausindustrie betrifft, die für die Zwecke eines 
Fabrikanten tätig ist, so herrscht Übereinstimmung darin, daß auf 
die von dem selbständigen Hausgewerbetreibenden beschäftigten Per- 
sonen die Arbeiterschutzvorschriften nicht anwendbar sind, daß ins- 
besondere also die Beschäftigung von volksschulpflichtigen Kindern 
ihm nicht verboten ist und weder ihn noch etwa die auftraggebenden 
Fabrikanten haftbar macht (Kayser-Steiniger, Anm.8 zu § 135). 
In bezug auf diese Kinder kommen die am 1. Januar 1904 in 
Kraft getretenen Bestimmungen des Kinderschutzgesetzes (Reichsgesetz 
vom 30. März 1903, betr. die Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben) 
zur Anwendung, nach welchen eigene und fremde Kinder unter 
13 Jahren oder ältere, noch volksschulpflichtige Kinder nicht in 
folgenden. Betrieben?) beschäftigt werden dürfen: in Ziegeleien, beim 
Mischen und Mahlen von Farben in Werkstätten mit regelmäßigem 
Motorbetrieb, in Werkstätten, in denen Blei- und Zinnspielwaren be- 
malt werden oder in denen die Herstellung von Zündhölzern, Zünd- 
waren u. dgl, von Gummi, Guttapercha und Kautschuk, von Polster- 
waren u. dgl. oder die Bearbeitung von Perlmutter erfolgt, sowie in 
den übrigen in der Anlage zu § 4 des Gesetzes genannten Anstalten. 
In den sonstigen Werkstätten, also auch in der Hausindustrie, ist die 
Tätigkeit von fremden Kindern unter zwólf Jahren verboten (von Rohr- 
scheidt, Anm. 1 zu 818 des Kinderschutzgesetzes). Zuwiderhand- 
1) Die Vorschrift gilt auch für Kinder von Ausländern. Die Frage der 
Schulpflicht ist danach zu beantworten, ob am Beschäftigungsorte (nicht in der 
Heimat der fremden Kinder) ein Schulzwang besteht (Nelken S.844), der auch 
auf sie anwendbar ist. 
2) Schon vor dem Inkrafttreten des Kinderschutzgesetzes hat in Ergänzung 
der R. G. O. der Bundesrat durch zahlreiche Verordnungen die Beschüftigung 
von Kindern in gewissen Fabriken oder doch in bestimmten Abteilungen der- 
selben untersagt (8.287). Das Kinderschutzgesetz hat diese Fürsorgevorschriften 
überholt und verallgemeinert, indem es die Hausindustrie mit hineinzog. 
  
	        
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