906 von Frankenberg: Die besond. gesetzl. Bestimmungen f. d. Fabrikbetrieb.
einen erweiterten Geschäftsverkehr nötig machen, eine Verlängerung
der Beschäftigungszeit bis zu zehn Stunden eintreten zu lassen. Diese
Ausnahmen gelten aber, wie hervorgehoben werden muß, lediglich
für die im Handelsgewerbe tätigen Personen, allerdings ohne Unter-
schied, ob sie selbst kaufmännische oder andere Dienste verrichten,
also für Handlungsgehilfen und -Lehrlinge, für Laufburschen, Packer,
Lagerarbeiter, Hausknechte u. dgl., nicht für die Fabrikarbeiter im
üblichen Sinne.
Der strenge Grundsatz der 88 105a und 105b ist indes durch
mancherlei Ausnahmen durchbrochen. Er gilt nicht für Arbeiten,
die in Notfällen oder im Öffentlichen Interesse unverzüglich vor-
genommen werden müssen (z. B. Herstellung von Baracken durch
eine Fabrik bei großem, durch Ausbruch einer Choleraepidemie ver-
ursachten Bedarf), ferner für Sonntagsarbeit!) zur Durchführung einer
gesetzlich vorgeschriebenen Inventur, für die Bewachung der Betriebs-
anlagen, für Arbeiten zur Reinigung und Instandhaltung, durch die
der regelmäßige Fortgang des eigenen oder eines fremden Betriebes
bedingt ist, auch nicht für Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme
des vollen Werktagsbetriebes abhängt, sofern sie nicht an Werktagen
vorgenommen werden können. Mit der gleichen Einschränkung sind
zulässig Arbeiten, die zur Verhütung des Verderbens von Rohstoffen
oder des Mißlingens von Arbeitserzeugnissen nötig sind, sowie die-
jenige Tätigkeit, welche die Beaufsichtigung des Betriebes während
der vorstehend erwähnten erlaubten Arbeiten zum Gegenstande hat.
Damit den Gewerbeaufsichtsbeamten (S. 306) der nötige Uber-
blick möglich ist, muß jeder, der Arbeiter mit derartiger, ausnahms-
weise erlaubter Sonntagstätigkeit beschäftigt, ein Verzeichnis an-
legen, in das für jeden einzelnen Sonn- und Festtag die Zahl der
beschäftigten Arbeiter, die Dauer ihrer Beschäftigung und die Art
der vorgenommenen Arbeiten einzutragen ist. Dies Verzeichnis ist
auf Verlangen der Ortspolizeibehörde und dem Gewerbeaufsichts-
beamten jederzeit zur Einsicht vorzulegen.
Wenn die Arbeiten der Bewachung, Erhaltung, Reinigung und
Instandsetzung länger als drei Stunden dauern oder die Arbeiter am
Besuche des Gottesdienstes hindern, so muß jedem der damit betrauten
Arbeiter an jedem dritten Sonntage eine Ruhezeit von vollen 36 Stun-
den gewährt werden, oder er muß an jedem zweiten Sonntage
mindestens in der Zeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends dienst-
frei bleiben. Eine abweichende Regelung darf die untere Verwaltungs-
behörde (S. 289) erlauben, wenn den Arbeitern der Besuch des sonn-
täglichen Gottesdienstes freisteht und sie an Stelle des Sonntages eine
Ruhezeit von 24 Stunden an einem Wochentage erhalten.
1) Festtage dürfen hierfür nicht benutzt werden.