314 von Frankenberg: Versicherung des Unternehmers gegen Feuersgefahr usw.
Zurückbehaltungsrechten wird (das. S. 462, 474; Crone, System des
bürgerlichen Rechtes Bd. II S. 838 f£).
Der Versicherungsvertrag gilt als abgeschlossen, sobald die
Parteien ihre Willensübereinstimmung über seine wesentlichen Teile
zum Ausdruek gebracht haben. Dabei ist, falls nichts Abweichendes
verabredet worden, der Zeitpunkt der Absendung der unterschriebenen
Poliee an den Versicherungsnehmer als maßgebend zu betrachten, es
sei denn, daß der Widerruf spätestens gleichzeitig mit der Police bei
ihm anlangt. In Wirklichkeit bildet nun aber die unmittelbare Über-
sendung der Police an den Versicherungsnehmer die Ausnahme; regel-
mäßig tritt ein Agent vermittelnd zwischen ihn und die Gesellschaft.
Wenn der Agent erkennbar als Vertreter nicht nur der Gesellschaft,
sondern auch des Versicherungsnehmers bezeichnet war, so genügt
die Absendung der Police an den Agenten, um in gleicher Weise den
Vertrag geschlossen erscheinen zu lassen.!) War eine solche Vollmacht
dem Agenten nicht erteilt, so tritt die erwähnte Rechtsfolge erst
mit Abschickung der Police durch ihn an den Versicherungsnehmer
ein (Lewis S. 162 Anm. 1; anderer Meinung Ehrenberg S. 265
Anm. 4). Die meisten Versicherungsbedingungen schließen jeden
Zweifel hierüber durch besondere Vorschriften aus, indem sie anordnen,
daß die Versicherungsurkunde (und ebenso deren Verlängerung, Ände-
rung usw.) dem Versicherungsnehmer bei seinem Agenten zur Ver-
fügung gestellt wird, und daß die Verpflichtung der Gesellschaft mit
der Einlösung der Urkunde beginnt, wenn nicht entweder ein späterer
Zeitpunkt in derselben bestimmt oder ein früherer Zeitpunkt vor Aus-
händigung der Police durch das zu ihrer Ausstellung berechtigte
Gesellschaftsorgan schriftlich zugesagt ist; die Einlösung erfolgt durch
Zahlung der Versicherungsprämie und der Nebenkosten.
Durch den Versicherungsvertrag verpflichtet sich der Versicherungs-
nehmer zur pünktlichen Einzahlung?) der in der Police bestimmten
Prämienbeträge, deren Abholung er in Ermangelung einer abweichen-
den Vereinbarung erwarten darf (Lewis S. 186). Insbesondere kann
eine Versicherungsgesellschaft, welche regelmäßig wiederkehrend die
Prämie dem Versicherungsnehmer abholen ließ, sich nicht bei plötz-
licher Unterlassung dieser Übung im eintretenden Versicherungsfall
auf den Verfall der Police berufen; ein derartiges Verhalten würde
sowohl der Verkehrssitte als den Grundsätzen von Treu und Glauben
1) Entsch. des Reichsoberhandelsgerichtes Bd. 5 S. 114.
2) Es ist ein gebräuchliches Entgegenkommen der Versicherungsgesell-
schaften, in der Police eine Nachfrist für die fernere Prämienzahlung zuzu-
sichern (sog. Respekttage). Während der Verzug des Versicherungsnehmers
ein sofortiges Erlöschen der Versicherung zur Folge haben könnte, lassen die
Policen häufig zu, daß erst nach Ablauf der Respekttage (14 Tage, 4 Wochen
usw.) für die fernere Dauer des Verzuges die Entschädigungspflicht ruhen soll.