349 von Frankenberg: Die Arbeiterversicherungsgesetze.
wonnen, dab man sich zunáchst den Unterschied zwischen Zwangs-
krankenkassen und Hilfskassen klar macht.
Die Zwangskrankenkassen (Gemeindekrankenversicherungen, Orts-,
Betriebs- oder Fabrikkrankenkassen)!) haben die Eigentümlichkeit, dab
die Mitgliedschaft in ihnen für alle der Krankenversicherungspflicht
unterworfenen Personen kraft des Gesetzes ohne weiteres (durch
Zwang) eintritt, daß also die vorgeschriebene Anmeldung nicht die
Voraussetzung der Zugehörigkeit zu der betreffenden Ortskrankenkasse
(Gemeindekrankenversicherung) bildet, sondern nur zur Erleichterung
der Listenführung, Beitragserhebung und Krankenfürsorge zu erfolgen
hat. Bei den Hilfskassen ist dagegen stets eine Beitrittserklärung der
einzelnen Person erforderlich, bei den „eingeschriebenen Hilfskassen“
ein schriftlicher ‚Antrag oder die Unterschrift des Statuts, bei den
freien Kassen pflegen statutarisch ähnliche Bedingungen vorgesehen
zu sein. Der Austritt aus den Hilfskassen ist jedermann freigestellt,
doch findet sich oft die Einrichtung einer Kündigungsfrist. Bei den
Zwangskrankenkassen ist dagegen das Ausscheiden nicht vollständig
dem Belieben des Pflichtmitgliedes überlassen, sondern der Austritt
ist bei Orts- und Fabrikkrankenkassen, solange die versicherungs-
pflichtige Beschäftigung fortgesetzt wird, nur auf vorgängige, spätestens
am 1. Oktober zu bewirkende Anzeige mit dem Erfolg zulässig, daß
am 31. Dezember desselben Jahres die Mitgliedschaft erlischt, wenn
bis dahin dem Kassenvorstande nachgewiesen ist, dab die Mitglied-
schaft in einer Hilfskasse erlangt wurde, die bescheinigtermaDen die
gesetzlichen Mindestleistungen gewährt.
Was die Zwangskassen im einzelnen betrifft, so besteht die ein-
fachste Form in der Gemeindekrankenversicherung, einer un-
mittelbar an die Gemeinde angegliederten Krankenfürsorge, die durch
Beamte der Gemeinde verwaltet wird und auf Rechnung der Gemeinde
erfolgt, mit der Mafgabe, dab die Arbeitgeber der versicherungs-
pfliehtigen Personen und die freiwilligen Mitglieder Beiträge zu zahlen
haben; von einer Selbstverwaltung der Beteiligten, von Generalver-
sammlung, Vorstandswahl, ja auch nur von Satzungen ist nicht die
Rede. Die Gemeindekrankenversicherung tritt ein, wenn die be-
treffende Person in keiner Orts-, Fabrik-, Bau-, Knappschafts-, Innungs-
krankenkasse zu versichern ist und auch nicht einer dem $ 75 Kr. V.G.
genügenden Hilfskasse (S. 344) angehôrt. Wie im Aufbau, so ist
die Gemeindekrankenversicherung auch in ihren Leistungen auf
ein äußerst geringes Maß beschränkt: nur die Gewährung ärztlicher
Behandlung, Arznei usw. und ein Krankengeld auf 26 Wochen ist
ihr zur Pflicht gemacht; das Krankengeld ist nicht nach dem Ver-
1) Die sonst mit zu den Zwangskassen rechnenden Innungs- und Bau-
krankenkassen, sowie die Knappschaftskassen dürfen für unsere Darstellung
unberücksichtigt bleiben (vgl. S. 344).