Full text: Betrieb von Fabriken

   
  
  
  
  
  
384 R.Stegemann: Betriebseinrichtungen fiir die Wohlfahrt der Arbeiter. 
zugehen und das Los der Arbeiter nach Möglichkeit zu ver- 
bessern, es fehlen ihnen aber die disponibeln Mittel. Denn Wohl- 
fahrtseinrichtungen, zumal wenn bauliche Anlagen dafür nötig sind, 
legen ein oft nicht unbedeutendes Kapital fest, das nicht jedem 
zur Verfügung steht.  Vielfach ist aber überhaupt für bestimmte 
Veranstaltungen kein Bedürfnis vorhanden. Wenn z.B. in der Nähe 
der Fabrik oder einem benachbarten Orte billige Wohnungen in hin- 
reichender Menge zu haben sind, so hat der Unternehmer gar keine 
Veranlassung, Arbeiterhäuser selbst zu bauen. In anderen Fällen 
werden die Fabrikanten durch MiBerfolge oder durch mangelnde Er- 
kenntlichkeit ihrer Arbeiter von weiteren Versuchen abgeschreckt. 
Es ist jedenfalls ebenso unrichtig, das Fehlen von Wohlfahrtsanlagen in 
einer Fabrik ohne weiteres dem Unternehmer zur Last zu legen, wie es 
verkehrt wäre, das Bestehen ihm in allen Fällen als besonderes Ver- 
dienst anzurechnen. Wenn z. B. eine Fabrik in abgelegener Gegend er- 
richtet wird, so muß wohl oder übel für die Arbeiter gesorgt werden, 
um sie zu halten, sonst verlieren sie sich nach und nach. In solchem 
Falle ist der Bau von Arbeiterwohnungen, die Anlage von Kantinen usw. 
einfach eine Pflicht der Selbsterhaltung. 
II. Begriff der Wohlfahrtseinrichtung. 
Im vorstehenden ist schon eine Grenzlinie des Begriffs ,, Wohl- 
fahrtseinriehtung^ gegeben. Wir verstehen hierunter nicht allgemein 
zugunsten der Arbeiter getroffene Einrichtungen, sondern nur solche, 
die aus freier EntschlieDung des Arbeitgebers hervorgegangen sind. 
Es scheiden somit diejenigen Einrichtungen aus, die dem Gesetze oder 
dem Zwange besonderer Verhältnisse ihre Entstehung verdanken. Im 
weiteren ist eine scharfe Grenze zu ziehen zwischen Wohlfahrt und 
Wohltátigkeit. Letztere gewührt in freier Liebestátigkeit unvergoltene 
Geschenke, Unterstützungen und Almosen nur im Interesse der Empfänger, 
Wohlfahrtseinrichtungen dagegen liegen, wenn dies auch nicht immer 
klar hervortritt, im  wohlverstandenen Interesse beider Teile, des 
Empfangenden wie des Gebenden. Wie es der Grundgedanke der Arbeiter- 
versicherungsgesetze ist, die öffentliche Armenpflege so weit als möglich 
überflüssig zu machen und dem Arbeiter im Falle der Arbeitsunfähig- 
keit einen rechtlichen Anspruch auf Unterstützung zu geben, zu deren 
Ansammlung er durch eigene Leistungen beigetragen hat, so sehen 
wir auch bei den Wohlfahrtsveranstaltungen das Bestreben mehr und 
mehr darauf gerichtet, den Charakter reiner Wohltätigkeit zurücktreten 
zu lassen, so daß nicht der eine nur gibt, der andere nur empfängt. 
Die Mitleistung des Arbeiters nimmt den Wohlfahrtseinrichtungen den 
Charakter des Almosens. Von der Selbsthilfe der Arbeiter unterscheidet 
sich auf der anderen Seite die „Wohlfahrtseinrichtung“ dadurch, daß 
    
   
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
	        
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