416 R. Stegemann: Betriebseinrichtungen für die Wohlfahrt der Arbeiter.
haben, und für welche die Intelligenz der Arbeiterschaft von besonderem
Wert ist, wird man die Errichtung einer Arbeiterbibliothek empfehlen
können. Aber auch da, wo viel jugendliche Arbeiter beschäftigt sind,
dürfte eine entsprechend zusammengestellte Büchersammlung von Nutzen
sein, da jede Stunde, die der heranreifende Arbeiter einem Buche
widmet, dem Wirtshausbesuche oder sonstiger minderwertiger Unter-
haltung und Zerstreuung enizogen ist. Eine Anleitung zur Er-
riehtung und Verwaltung von Volksbibliotheken gibt die Gesellschaft
für Verbreitung von Volksbildung (Berlin) in ihrem Musterkatalog,
der außerdem eine Zusammenstellung besonders empfehlenswerter
Volksschriften enthält. Zur ersten Einrichtung von Bibliotheken
gibt die Gesellschaft eine größere Anzahl von Bänden her. Außerdem
werden bestehende Bibliotheken durch Zuwendung von Büchern
unterstützt.
Um den Arbeitern das Entleihen von Büchern recht bequem
zu machen, muß die Bibliothek möglichst oft und leicht zugänglich
sein. In kleineren Verhältnissen wird die Verwaltung der Bibliothek
zweckmäßig einem Lehrer oder einem Beamten der Fabrik übertragen,
Die Befürchtung, daß die Arbeiter durch sorglose Behandlung der
Bücher den Fortbestand der Bibliothek unmöglich machen würden,
hat sich nirgends bestätigt. Die Ausfälle durch verloren gegangene
und beschädigte Bücher sind überall gering.
Eine wünschenswerte Ergänzung der Bibliothek bildet die Lese-
halle. Der Arbeiter, besonders der jugendliche, hat daheim oft nicht
die nötige Ruhe, häufig auch nicht den geeigneten Raum und
Licht, um sich durch Lektüre fortzubilden. Wenn nun die Bibliothek
noch Nachschlagewerke, Atlanten, Zeitschriften usw. führen soll, so
wird eine Lesehalle zur Notwendigkeit. Eine Reihe von Unternehmern
hat diesem Bedürfnis dadurch Rechnung getragen, daß sie beim Bau
von Fabrikheimen, Volkshäusern usw. geeignete Räume vorsahen oder
in sonst passenden Gebäuden Räumlichkeiten zu diesem Zweck her-
richteten.
Die Firma Friedr. Krupp schreibt über ihre Bücherhalle folgendes: Im
Jahre 1897 bestimmte Herr F. A. Krupp die Einrichtung einer Bücherei, welche in
freiester Form den Angehörigen der Gußstahlfabrik zur Unterhaltung und Be-
lehrung verfügbar gemacht werden sollte. Diese Bücherei, welche den Namen
,Bücherhalle* erhielt, is& am 1. Mürz 1899 eröffnet worden; sie ist in dem
früheren Knappschaftsgebäude untergebracht. Die Errichtung von Leseräumen
steht bevor, sobald weitere Teile des Gebäudes verfügbar gemacht werden können.
Die Lage der Bücherhalle ist eine günstige; sie liegt am Nordosteingange der
Gußstahlfabrik und an der Hauptstraße, welche die GuBstahlfabrik mit der Stadt
Essen verbindet. Eine sehr bedeutende Zahl von Werksangehörigen muß mehrere-
mal des Tages hier vorbeikommen, Die Ausleihestunden sind mit Rücksicht auf
den Hauptverkehr der Werkangehörigen auf die Stunden von 12— 3 Uhr mittags
und 5—7 Uhr abends an allen Wochentagen gelegt worden. Bei der Eröffnung
zühlte die Bücherei 8000 Bände, über welche dem Publikum sogleich ein ge-