Full text: Betrieb von Fabriken

  
  
  
  
  
490 R. Stegemann: Betriebseinrichtungen fiir die Wohlfahrt der Arbeiter. 
III. Erholung und Unterhaltung. 
a) Pflege der Musik. 
Wenn der Arbeitgeber für die Erholung und Unterhaltung seiner 
Arbeiter in ihren MuBestunden sorgt, so kann er dabei verschiedene 
Zwecke verfolgen und wie die Erfahrung lehrt, erreichen. Er weckt 
die Freude an edleren Genüssen und übt so einen nicht zu unter- 
schätzenden erziehlichen EinfluB aus. Die Zeit, die auf Musizieren, 
Turnen usw. verwandt wird, ist dem Wirtshaus verloren. Auch 
für den Arbeitgeber ist der Gewinn aus solchen Veranstaltungen nicht 
bloß ein idealer, er kann gewiß auch zu Buch schlagen, wenn dadurch 
nicht nur die Lebens-, sondern auch die Arbeitsfreude günstig beeinflußt 
wird. Unter den Mitteln hierzu nimmt die Kunst und besonders die 
Musik eine hervorragende Stelle ein. Wenn der Fabrikleiter mit 
seiner Familie an den Veranstaltungen teilnimmt, so wird das sicher 
auf die Anbahnung eines guten persönlichen Verhältnisses zu den 
Arbeitern hinwirken: In der Regel ist die Pflege der Musik in den 
Fabriken Sache besonderer Vereine, die von den Firmen unterstützt 
werden. Einzelne Firmen zahlen den Arbeitern für die Übungsstunden 
usw. kleine Vergütungen, andere bedienen sich, besonders jugendlichen 
Arbeitern gegenüber, des Zwanges. 
Die Firma Cornelius Heyl in Worms pflegt die Musik in folgender 
Weise. Jeder stimmbegabte jugendliche Arbeiter ist verpflichtet, dem Knaben- 
chor beizutreten. Gegenwärtig besteht derselbe aus 80 Jungen im Alter von 
14 bis 16 Jahren. Wöchentlich ist zweimal Gesangunterricht abends von 5 bis 
6 Uhr, wofür die Teilnehmer eine in der Pfennigsparkasse angelegte Vergütung 
von 10, 12, 13.7 pro Stunde je nach Alter erhalten. Jedes Jahr findet ein Aus- 
flug in die Umgegend statt auf Kosten des Hauses. Gemeinsam mit dem Kinder- 
garten begeht der Knabenchor das Weihnachtsfest, wobei sämtliche Jungen mit 
Geschenken bedacht werden. Zur Pflege des Männergesangs wurde im Jahre 
1869 ein Gesangverein gegründet, dem gegenwärtig 75 aktive und 500 
passive Mitglieder angehören, welche einen Beitrag von 20 47 pro 1 Monat zahlen. 
Die aktiven | Mitglieder haben wóchentlich zwei Proben für die einzelnen Stimmen 
und eine Gesamtprobe. Jedes Jahr wird von den aktiven und passiven Mit- 
gliedern ein Ausflug gemeinsam mit dem Instrumentalverein in die Umgegend 
gemacht, wobei jedes daran teilnehmende Mitglied einen Reisezuschuß aus der 
Gesangvereinskasse erhält. Auf Weihnachten findet eine Weihnachtsfeier mit 
Geschenkeverlosung statt. Jedes Mitglied erhält ein Weihnachtsgeschenk, be- 
stehend in Haushaltungsgegenständen im Werte von 1,50.7 bis 2,00.7. Das 
Haus gibt, um diese Festlichkeiten zu ermüglichen, entsprechende Geldbeiträge 
und trägt ‘die Kosten für den Dirigenten und die Notenbeschaffung. Der In- 
str umentalver ein ist aus Arbeitern des Hauses gebildet, welche teils früher 
schon Musikinstrumente gespielt oder Unterricht auf Kosten des Hauses erhalten 
haben. Es wird Streich- und Blasmusik gepflegt, und 40 Arbeiter gehören dem 
Orchester an. Wöchentlich finden zwei Proben abends von '/" bis 1,8 Uhr 
statt, wofür die Firma den Mitgliedern 20 Z/ pro Probe vergütet. Die Ver- 
gütung wird in der Sparkasse angelegt und dient bei solchen Mitgliedern, welche 
keine eigenen Instrumente besitzen, zur Beschaffung derselben. “Das Haus legt 
den Kaufvertrag für dieselben vor, */, des Kaufpreises muD der Arbeiter zurück- 
pare peser
	        
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