B. Besonderer Teil. II. Erholung und Unterhaltung. 491
vergüten, !/, trágt das Haus und geht alsdann das Instrument dauernd in den
Besitz des Arbeiters über. Die Kosten für Notenbeschaffung und für den
Dirigenten trügt das Haus. Bei Fabrikfestliehkeiten und Ausflügen wirkt das
Orchester stets mit und werden die Mitglieder dafür besonders entschädigt.
Im Jahre 1894 wurde ein Trommler- und Pfeiferchor aus jüngeren Arbeitern im
Alter von 16 bis 18 Jahren organisiert, bestehend aus zwölf Trommlern und
zwölf Pfeifern, welche bei Ausflügen mitwirken.
Bei der Wächtersbacher Steingutfabrik in Schlierbach werden
jugendliche Arbeiter, die ein Instrument erlernen wollen, unentgeltlich unter-
richtet; nach zurückgelegtem 18. Lebensjahr können sie nach Ablegung einer
Prüfung in den Musikverein der Firma eintreten. Die jungen Leute erhalten
eine tüchtige Ausbildung, so daß bereits mehrere derselben beim Abdienen ihrer
Militärpflicht in die Bataillonsmusik aufgenommen werden konnten.
b) Turnen und Turnspiele.
Die bei der Arbeit in der Fabrik meist einseitige Anstrengung
einzelner Teile des Kórpers macht, besonders für jugendliche Arbeiter,
einen Ausgleich durch eine geregelte Bewegung in den MuBestunden
wünschenswert und notwendig. Das haben viele Fabrikleiter erkannt,
und sie suchen demgem#f das Turnen und die Turnspiele so viel wie
möglich, oft unter erheblichen Opfern, zu fórdern. Sie stellen Turn-
hallen, Turnplütze und Geräte zur Verfügung und setzen Preise für
gute Leistungen aus. Die in Turnvereine zusammengefaßten Arbeiter
leisten gewöhnlich nur niedrig bemessene Beiträge. Einzelne Fabriken
zwingen ihre jugendlichen Arbeiter zum Beitritt.
Als Beispiel führen wir auszugsweise das Statut des Turnvereins von
Villeroy & Boch in Mettlach an. Der Verein bezweckt a) durch turnerische
Übungen körperliche Kraft, Gewandtheit und Gesundheit zu fördern, b) durch
den bei den Übungen erforderlichen Ernst und Gehorsam, sowie durch gesellige,
unterhaltende und belehrende Zusammenkünfte den sittlichen Gesellschafts- und
Gemeinsinn zu fôrdern. Zum Eintritt in den Verein ist unbescholtener Ruf
und ein Alter von mindestens 17 Jahren erforderlich. Um durch frühzeitige
Übungen tüchtige Turner heranzubilden, können durch den Turnwart junge
Leute unter 17 Jahren zu den Turnübungen zugelassen werden. Die Turn-
zöglinge sind jedoch nicht Mitglieder des Vereins und zahlen keinen Beitrag.
Die Mitglieder sind zur Zahlung einer Aufnahmegebühr von 50 Æ und eines
monatlichen, im voraus zu entrichtenden Beitrages von 20 4, verpflichtet.
Die Turner sind verpflichtet, den Turn- und sonstigen Übungen, sowie den
Hauptversammlungen regelmäBig beizuwohnen. Der Ausschluß kann u. a. wegen
unehrenhaften Betragens innerhalb oder außerhalb des Vereins beschlossen
werden. Der erste Turnwart und Vorsitzende des Vereins wird von der Fabrik-
direktion, welche dem Vereine Lokale und Geräte zur Verfügung stellt, ernannt.
Die übrigen Mitglieder des Turnrates werden von der Hauptversammlung gewählt.
Am planvollsten durchgebildet ist das Turnen in den Betrieben der Harburger
Gummi-Kamm-Kompagnie in Hamburg und Harburg. Hier ist das Turnen
für die jugendlichen Arbeiter obligatorisch gemacht. In jeder der beiden Fabriken
in Hamburg und Harburg nehmen regelmäßig an zwei Abenden der Woche.je
60 jugendliche und 40 ältere Arbeiter am Turnen teil. Außer den Fabrikarbeitern
werden auch die jugendlichen Bureauarbeiter herangezogen. Die beiden bestehenden
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