Full text: Die Preisbildung in der Maschinen-Industrie

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Verabredung bei Submissionen. 
ich mich nicht veranlaßt sehen, jetzt noch zur Frage einer 
Aufhebung oder Änderung der in Rede stehenden Straf- 
bestimmung im Wege der Landesgesetzgebung Stellung zu 
nehmen. Dagegen werde ich das gesamte Material dem 
Reichsjustizamte zur Berücksichtigung bei den Arbeiten zur 
Reform des Deutschen Strafgesetzbuches mitteilen. Von 
dem Ergebnisse wird es abhängen, ob etwa später noch 
ein Anlaß gegeben ist, der Materie landesgesetzlich näher 
zu treten.“ 
Als lehrreiches Beispiel für Abmachungen kann folgendes 
aus dem Baufach dienen. (Berliner Tageblatt, 7. Januar 1900.) 
Eine Firma hat 8 Unternehmer aufgefordert, Angebote für den 
Bau eines Speichers einzureichen, in der ausgesprochenen Absicht, das 
niedrigste Angebot zu berücksichtigen. Diese 8 Unternehmer hatten 
unter sich ausgemacht, daß einer der Mindestfordernde sein sollte, wo- 
gegen dieser sich verpflichtet hatte, den übrigen im Falle der Über- 
tragung des Baues je 3000 Mark zu zahlen. Die übrigen Firmen hatten 
nun gemäß dieser Abmachung höhere Offerten als die Firma, der der 
Auftrag zufallen sollte, eingereicht, wodurch die beauftragende Firma 
in den Glauben versetzt wurde, eine tatsächlich niedrigste Forderung zu 
akzeptieren. Diese Forderung war natürlich höher als eine gewöhnliche 
Mindestforderung gehalten. 
Nach Fertigstellung des Baues machte nun die beauftragende 
Firma der ausführenden Firma, nachdem sie Kenntnis von der Ver- 
einbarung erhalten hatte, einen Abzug von der vereinbarten Summe. 
Die ausführende Firma klagte auf Zahlung der Gesamtsumme, Die 
Klage ging bis ans Reichsgericht, bei dem die Beklagte gegen ein 
Urteil des IV. Zivilsenates des Hanseatischen Oberlandesgerichts in 
Hamburg Revision eingelegt hatte. Das Reichsgericht hat der Revision 
stattgegeben und die Klage an die Berufungsinstanz zurückgewiesen. 
Hauptgrund der Reichsgerichtsentscheidung war, daß die ausführende 
Firma bei der Offerte durch illoyales Verhalten die Beklagte getäuscht 
und zur Annahme der Offerte bestimmt habe. In dem Urteil heißt es 
wörtlich: „Wenn Klägerin die übrigen zur Einreichung von Ange- 
boten aufgeforderten Unternehmer durch Zusicherung von je 3000 Mark 
veranlaßte, Angebote einzureichen, die gar nicht ernstlich gemeint 
waren, vielmehr nur in der Absicht abgegeben wurden, in der Be- 
klagten den Glauben zu erwecken, daß ein ernstlicher Wettbewerb vor- 
liege und in diesem die Klägerin die Mindestfordernde sei, SO liegt 
hier ein auf Täuschung berechnetes Verhalten vor, das gegen die guten 
Sitten verstößt.“ 
Das Urteil des Reichsgerichts ist von großer Wichtigkeit 
für alle ähnlichen Fälle. Deshalb hat auch der Minister der 
öffentlichen Arbeiten die Verwaltungsbehörden noch besonders 
darauf hingewiesen. 
Kürzlich beschäftigte folgender interessante Prozeß das 
Reichsgericht. (Berliner Tageblatt, 6. Juni 1911, 2. Beiblatt.) 
Im Jahre 1909 sollten auf der Insel Amrum an der dortigen 
Inselbahn Erd- und Brückenbauten ausgeführt werden. Das Düssel-
	        
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