Full text: Photographisches Praktikum

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Die Entwicklung nach Zeit. 
b) Die Entwicklung nach Zeit (Faktorenentwicklung). 
Der Unterschied in der Entwicklungsenergie, die hauptsächlich von der 
Entwicklersubstanz, dann aber auch von der Zusammensetzung der Lösung 
abhängt, hat zur Folge, daß gleich lang belichtete Platten, je nach dem ge- 
wählten Entwickler, verschieden lange Zeit zum Ausentwickeln 
brauchen. Zwischen der Zeit von dem Augenblick an, wo die Aufnahme in 
den Entwickler gelangt, bis zum Erscheinen der ersten Bildspuren und dann 
weiter bis zum Zeitpunkt, in dem das Negativ ausentwickelt ist, bestehen bei 
jedem Entwickler feste Verhältnisse. Die zum Erzielen eines Negativs mitt- 
lerer Dichte notwendige Zeit kann für jeden einzelnen Entwickler als k on - 
stant angenommen werden und làDt sich genau ermitteln. Dieser relative 
Wert wird nach Watkins der Entwicklungsfaktor genannt. 
Wenn man diesen Faktor für seinen Entwickler kennt, läßt sich die 
Entwicklungszeit, die nur noch von der jeweiligen Belichtung abhängt, in 
jedem Falle leicht berechnen. Hierzu ist es notwendig, daß man vom 
Augenblick des Eintauchens der Platte oder des Films in die Entwickler- 
lösung an die Zeit in Sekunden beobachtet, die bis zum Erscheinen der 
ersten Bildspuren verstreicht. Wird dieser Zeitraum mit dem bekannten 
Entwicklungsfaktor multipliziert, so erhält man jene Zeit, die zum 
Fertigentwickeln des Negativs noch notwendig ist und die voraussichtlich 
das bestmógliche Resultat liefert, sei es bei richtiger, bei Über- oder Unter- 
belichtung. Es wird also die Entwicklungszeit hauptsáchlich der Be- 
lichtungszeit angepaßt, während alle anderen die Entwicklung beein- 
flussenden Umstánde, besonders der Alkaligehalt und die Temperatur durch 
den Faktor nur annáherungsweise berücksichtigt werden. Das Entwickeln 
wird auf diese Weise zu einer rein mechanischen Sache und es entfällt 
jede Kontrolle durch Beobachtung. In der Tabelle der Entwickler von 
Dr. v. Hübl, Kap. 4o, ist der „Entwicklungsfaktor‘ für die verschiedenen 
Entwickler eingetragen; diese Zahlen bilden die Grundlage zur Berechnung 
der richtigen Entwicklungsdauer in jedem einzelnen Falle. Wenn z. B. im 
Glyzin-Pottasche-Entwickler die erste Bildspur nach !/, Minute erscheint, so 
hat die Entwicklung, weil der Entwicklungsfaktor ı2 ist, 1/, X 12 — 6 Minu- 
ten im ganzen zu dauern, wonach das Negativ ohne weitere Kontrolle fixiert 
werden kann. Erscheint beim Rodinal-Entwickler (Faktor 20) die erste 
Bildspur in ro Sekunden, so betrágt die ganze Entwicklungszeit 10 x 20 
— 200 Sekunden — rund 3!/, Minuten. 
Die Faktorenentwicklung liefert im allgemeinen gute Resultate, wenn 
stets mit Lósungen normaler Temperatur (18 bis 20? C) gearbeitet 
wird. Der Entwicklungsfaktor ist aber eigentlich keine konstante Zahl, denn 
er hängt auch von der Beschaffenheit der Bromsilberschicht, von der 
Zusammensetzung des Entwicklers, von der Verdünnung, vom Bromkali- 
zusatz und von der Temperatir ab; man wird daher stets möglichst 
gleiche Verhältnisse anstreben müssen. Die größte Schwierigkeit besteht 
jedoch in der Bestimmung des Erscheinens der ersten Bildspuren, beson- 
ders bei den modernen Ultrarapidplatten, weil bei zu großer Nähe der Dun- 
kelkammerlampe im Beginn der Entwicklung leicht Schleier eintreten kann. 
Obwohl die Faktorenentwicklung nicht ganz verläßlich ist, bietet sie doch 
wertvolle Anhaltspunkte, dabei eine gewisse Sicherheit und Bequemlichkeit.
	        
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