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Die Negativretusche.
und Unreinheiten der Haut, die infolge ungünstiger Beleuchtung oder
aus anderer Ursache zu stark hervortreten, im Negativ zu hell und
durchsichtig erscheinen, können durch leichtes Überarbeiten mit Blei-
stift gemildert oder ganz entfernt werden. Charakteristische Falten im
Gesicht sollen aber stets erkennbar bleiben. Das vellständige Glätten
bzw. übertriebene Verjüngen eines Gesichtes ist unnatürlich und auch
vom künstlerischen Standpunkt aus verwerflich. Faltenreiche Gesichter
sollte man durch Aufhellen der Schatten, also durch eine günstige Be-
leuchtung schon bei der Aufnahme geschlossener, d.h. weniger zer-
rissen erscheinen lassen.
Das Aufsetzen von Spitzlichtern auf Stirn und Nase bei zu flau
ausgefallenen Porträts bewirkt Plastik und kann in manchen Fällen von
Vorteil sein, darf aber nicht übertrieben werden.
Man refuschiert stets in der
Durchsicht und am bequemsten auf
einem Retuschiergestell, siehe
Fig. 213. Es besteht der : Haupt-
sache nach aus einem Rahmen mit
Falzen zum Auflegen des Negatives
und einem Spiegel oder weißem Kar-
ton als Lichtreflektor. Oben be-
findet sich ein Lichtschutzdeckel.
Eine von rückwärts durch den Spiegel
oder Karton aufgehellte feine Matt-
scheibe dient als Unterlage für das
Lichtes. Den ganzen frei bleibenden
Negativ und zum Zerstreuen des
Raum um das Negativ deckt man mit schwarzem Papier oder Pappe
ab, damit das Auge nicht geblendet wird. Aus gleicher Ursache kann
man den Kopf und das Retuschierpult mit einem schwarzen leichten
Tuche verhüllen, ähnlich wie man’ es beim Einstellen auf der Matt-
scheibe macht. Überdies legt man auf das Negativ ein Blatt Karton-
papier mit kleinem Ausschnitt, der nur die zu retuschierende Stelle, z. B.
den Kopf des Porträts, freiläßt. Wenn man des Abends bei Lampen-
licht retuschiert, wird das Negativ ebenfalls von rückwärts beleuchtet.
Zur Ausführung der Gesichtsretusche wird Bleistift ange-
wendet, wofür die mittelharten Graphitstifte Koh-i-nor von Hardtmuth
oder Castell von Faber zu empfehlen sind. Je härter der Stiit, desto
zarter und feiner jeder Punkt und Strich und desto feinkörniger er-
scheint die retuschierte Stelle; je weicher der Stift, desto stärker die
Deckung, desto gröber aber auch das Korn. Für kleine Köpfe nimmt
man gewöhnlich Nr. 4 oder Nr. 3 (HB oder F), für große Köpfe und
gröbere Sachen. Nr. 2. Weichere Stifte haften nicht, härtere sind zu
wenig ausgiebig. Der Bleistift soll eine lange und feine Spitze haben.