Full text: Geschichte der neueren Philosophie

115 SFINOZA. 
Geistes zu demjenigen niederer Wesen, zu beurteilen, muß man auf den dessen, w 
Vorzug des menschlichen Körpers vor anderen Körpern hinblicken; je gemeinbe 
komplizierter und je verschiedenartiger affiızierbar der Körper, desto vor- That nur 
züglicher und zum adäquaten Erkennen geschickter der zugehörige Geist. is’ ob wi 
— Eine Folge der Identität von Seele und Leib ist die Unfreiheit unserer aus, daß 
Willensakte (epzs£. 62): sie sind ja Bestimmungen unseres Körpers, nur baren Ber 
unter dem Attribute des Denkens betrachtet, und so wenig wie diese desselben 
dem Zwange des Kausalgesetzes enthoben (III Zroß. 2, schol.). — Da zu begeh 
der Geist nichts thut, ohne zugleich zu wissen, daß er es thut, da mit (Eth. III 
anderen Worten seine Thätigkeit eine bewußte ist, so ist er nicht bloß er würde 
idea corporis humant, Sondern zugleich zdea ideae corporis oder ıdea undetenm: 
ments. Bei 
Wer der eleatischen Trennung des einen reinen Seins von der Welt Gradem 
des mannigfaltigen und wechselnden Scheines huldigt, ist zu der ent- dieintu: 
sprechenden Scheidung zweier Arten und Organe der Erkenntnis ge- Prinzipien 
nötigt. Die Vorstellung der empirischen Vielheit für sich bestehender Begriffen 
Einzeldinge und ihr Organ nennt Spinoza zmaginalio, das Vermögen der FOMUNHNES 
Erkenntnis der wahren Wirklichkeit, der einen allumfassenden Substanz gemeinsaı 
intellectus. Die imaginatio (Finbildung, sinnliche Vorstellung) ist das Ver- Geister ut 
mögen der inadäquaten, verworrenen Ideen, zu denen außer den Em- haupt dar 
pfindungen und Gedächtnisbildern auch die abstrakten Begriffe gehören. SaS was 
Die Wahrnehmungen haben zum Gegenstand die Affektionen unseres wohl im 
Körpers und sind deshalb nicht klar und deutlich, weil wir deren Ur- der Ausd 
sachen nicht vollständig kennen. Solange der Geist nur sinnlich perzi- heit Gotrte 
piert, hat er von äußeren Körpern, von seinem Leibe und von sich wirklicher 
selbst nur eine konfuse und verstümmelte Vorstellung; er vermag nicht kann, die 
zu sondern, was von der Wahrnehmung (der Wärme z. B.) auf Rechnung Gott Bez 
des äußeren und des eigenen Körpers zu setzen ist. Doch ist die durch ie 
inadäquate Vorstellung noch nicht an sich ein Irrtum, sondern wird dies unableitb: 
erst, wenn wir, ihrer Mangelhaftigkeit uns nicht bewußt, sie für vollständig Sad 
und wahr halten. Hauptbeispiele irrtümlicher Vorstellungen sind die Al- Cie ein 
gemeinbegriffe, die Idee des Zweckes und die der Willensfreiheit. Je all- mittelbare 
gemeiner und abstrakter eine Idee, desto unvollständiger und undeut- Sind. not 
licher; hieraus erhellt der Unwert der durch Weglassung der Unterschiede Talschen 
entstehenden Gattungsbegriffe. Alle Erkenntnis, die durch Univer- His sofler 
salien und deren Zeichen, die Worte, geschieht, giebt statt der Wahrheit und des 
bloße Meinung und Einbildung. Ebenso wertlos und schädlich ist der zeugt sick 
Zweckbegriff und was mit ihm zusammenhängt. Wir glauben, daß der die Ding 
Natur Urbilder vorschweben, die sie in den Dingen verwirklichen möchte ; hange ur 
wo. ihr diese Absicht zu gelingen scheint, reden wir von vollkommenen die Dinge 
und schönen, wo zu mißlingen, von unvollkommenen und häßlichen (II prop. 
Dingen. Solche Wertbegriffe gehören in das Gebiet der Fiktionen. Des- In 
oleichen die Idee der Freiheit des Willens; sie beruht auf Unkenntnis abhängig 
6 RC
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.