ÄNTHROPOLOGIE: DIE ERKENNTNIS UND DIE LEIDENSCHAFTEN. 317
3 man auf den dessen, was uns zwingt. Abgesehen davon, daß der „Wille“, dessen All-
hinblicken; je gemeinbegriff unter die Rubrik der unwirklichen Abstrakta fällt, in der
per, desto vor- That nur die Summe der einzelnen Wollungen ist, entspringt der Schein,
ugehörige Geist. als ob wir frei wären, d. h. ohne Ursachen wollten und handelten, dar-
freiheit unserer aus, daß wir uns zwar unseres Handelns (allenfalls auch des unmittel-
3 Körpers, nur baren Beweggrundes), nicht aber der (weiteren) determinierenden Ursachen
wenig wie diese desselben bewußt sind. So wähnt das durstige Kind freiwillig die Milch
‚ schol.), — Da zu 'begehren, das ängstliche aus freien Stücken die Flucht zu wählen
es thut, da mit (Eth. III prop. 2, schol.; I app.). Hätte der fallende Stein Bewußtsein,
st er nicht bloß er würde sich gleichfalls für frei und sein Fallen für das Ergebnis eines
rporis oder idea undeterminierten Entschlusses halten.
Bei dem wahren oder adäquaten Wissen des Intellektes sind zwei
ıs von der Welt Grade zu unterscheiden: die rationale durch Schließen gewonnene und
ist zu der ent- die intuitive durch sich selbst gewisse Erkenntnis; diese geht auf die
;rkenntnis ge- Prinzipien, jene auf das, was aus denselben folgt. Statt mit abstrakten
ich bestehender Begriffen operiert die Vernunft mit Gemeinschaftsbegriffen oder %0o/0nes
; Vermögen der communes. Gattungen giebt es nicht, wohl aber etwas, was allen Dingen
‚enden Substanz gemeinsam ist. Alle Körper stimmen überein im Ausgedehntsein, alle
ng) ist das Ver- Geister und Ideen darin, daß sie Denkzustände sind, alle Wesen über-
außer den Em- haupt darin, daß sie Modi der göttlichen Substanz und ihrer Attribute sind:
Zegriffe gehören. „das, was allen Dingen gemeinsam zukommt und auf gleiche Weise so-
ktionen unseres wohl im Teil als im Ganzen ist, das wird adäquat begriffen.“ Die Ideen
1 wir deren Ur- der Ausdehnung, des Denkens und der ewigen und unendlichen Wesen-
r sinnlich perzi- heit Gottes sind adäquate Vorstellungen, Die adäquate Idee jedes einzelnen
e und von sich wirklichen Dinges schließt, da es nicht ohne Gott sein und gedacht werden
er vermag nicht kann, die Idee Gottes in sich, und „alle Ideen sind wahr, sofern sie auf
3.) auf Rechnung Gott bezogen werden“. Die Ideen der Substanz und der Attribute werden
t. Doch ist die durch sich selbst begriffen oder unmittelbar (anschaulich) erkannt, sind
ondern wird dies unableitbare, ursprüngliche, durch sich selbst einleuchtende Vorstellungen.
sie für vollständig So haben wir drei Arten, Stufen oder Vermögen der Erkenntnis:
‚en sind die All- die sinnliche oder imaginative Vorstellung, die Vernunft und die un-
sfreiheit. Je all- mittelbare Anschauung. Die Erkenntnisse des zweiten und dritten Grades
ger und undeut- sind notwendig wahr und durch sie allein können wir das Wahre vom
der Unterschiede Falschen unterscheiden. So wie das Licht sich selbst und die Finster-
e durch Univer- nis offenbar macht, so ist die Wahrheit das Kennzeichen ihrer selbst
att der Wahrheit und des Irrtums. Jede Wahrheit ist von Gewißheit begleitet und be-
schädlich ist der zeugt sich selbst (II #rop. 43, Schol.). — Die adäquate Erkenntnis betrachtet
Jauben, daß der die Dinge nicht vereinzelt, sondern in ıhrem notwendigen Zusammen-
rklichen möchte ; hange und als ewige Folgen aus dem Weltgrunde. Die Vernunft faßt
n vollkommenen die Dinge unter der Form der Ewigkeit auf: sx6 quadam aeternitatis specie
. und häßlichen (II prop. 44, cor. 2). —
Fiktionen. Des- In der Affektenlehre ist Spinoza mehr als irgendwo von Descartes
t auf Unkenntnis abhängige, doch leitet ihn auch hier ein erfolgreiches Streben nach