Full text: Geschichte der neueren Philosophie

126 WEITERBILDUNG DER CARTESIANISCHEN PHILOSOPHIE, 
Logik vom Port-Royal (Part de penser 1662) lag eine Abhandlung von eine gewisse 
Pascal zu Grunde. Auf sein Denken, das sich nicht durch Klarheit, aber ihn COUSIN 
durch Tiefe und Schwung auszeichnet. und sich nach französischer Art in GUTBERI 
in der Antithese gefällt, haben Descartes, Montaigne und Epiktet Ein- sonstigen Ar 
fluß gehabt. In der Mathematik erblickt auch er das Vorbild aller Wissen- 1840, DREY! 
schaft: was die Geometrie übersteigt, übersteigt die Vernunft. Durch Dijon 1850 
Anwendung der Mathematik auf die Naturerkenntnis erhalten wir eine Nic. M 
weltliche Wissenschaft, ‚die zwar sicher ist und beständig fortschreitet, ! bekämpften 
aber nicht befriedigt, denn sie sagt uns nichts über das Unendliche, das schlagene re 
Ganze, ohne welches die Teile unverständlich bleiben. Darum ist die dem Streben 
ganze Naturphilosophie nicht eine Stunde Arbeit wert. Über die mensch- Christentum, 
liche Unwissenheit in den äußeren Dingen tröstet sich Pascal mit der Ordens bilde 
Festigkeit der Sittenlehre, erschienen. « 
‚Die Grundgedanken seiner Moralphilosophie .sind folgende: In der Ausgabe in 
Sünde hat uns die anerschaffene Liebe zu Gott verlassen und die Liebe la verile kan 
zu uns selbst ihre Grenzen überschritten; der Hochmut hat uns dem folgten der 
Elend und der Selbstsucht überliefert. Unsere Natur ist verdorben, aber Meditations 
nicht unwiederbringlich verloren. Nach seinen Handlungen nichtig und Physique et s 
verworfen, erscheint der Mensch erhaben und unbegreiflich nach seinen ihn LEoON ( 
Aufgaben; in der Wirklichkeit ist er verabscheuungswürdig, groß nach Sciences mora 
seiner Bestimmung. Keine Philosophie oder Religion hat den Menschen Berlin 1896. 
zugleich in seiner Größe und seinem Elend so kennen gelehrt wie das Das Be 
Christentum: es heißt ihn seine Niedrigkeit erkennen, zugleich aber streben, wir alle _D; 
Gott ähnlich zu werden. In Demut sollen wir die Welt verachten und Recherche IT) 
auf uns selbst verzichten: um Gott zu lieben, müßt du dich selbst hassen. will die Frag 
Die sittliche Besserung ist eine That der göttlichen Gnade, das Verdienst gewiesen, ZW 
des menschlichen Willens besteht nur darin, daß er sich dieser nicht Substanzen 
widersetzt. Gott verwandelt das Herz durch eine himmlische Süßigkeit, Wer di, 
verleiht ihm die Einsicht, daß geistige Lust größer ist als fleischliche, tums klar n 
und flößt ihm einen Ekel ein gegen die Reize der Sünde. Tugend ist, ebenso viele, 
seine größte Lust in Gott oder im ewigen Gut zu finden. Wie die Sitt- oder aus d 
lichkeit eine Sache der Empfindung, nicht des Denkens ist, so ist Gott, aus der sinr 
so sind. selbst die ersten Grundsätze, auf denen die Gewißheit der Be- Verstande, i 
weise beruht, ein Gegenstand nicht der Vernunft, sondern des Herzens, Neigung un 
Ein Gefühl, ein Glaube, ein Instinkt der Natur ist es, was uns der obersten sondern drü 
unbeweisbaren Sätze versichert: les principes se sentent. Als Vertreter der Be- Aber auch 
dürfnisse und Rechte des Herzens ist Pascal ein Vorläufer des großen Rous- die Dinge 
seau. Daß er die Vernunft herabsetzt, um den Glauben zu erhöhen, begründet nicht was 
— N unseres Kör 
1 Dieser unaufhörliche Fortschritt ist es, durch welchen sich die Vernunft vor Praktische E 
den Naturwirkungen und den tierischen Instinkten auszeichnet, Während die Bienen Dinge zu u 
ihre Zellen heute noch genau so bauen wie vor tausend Jahren, ist die Wissenschaft trauen: ‚hier 
in unablässiger Entwickelung begriffen, Dies verbürgt uns, daß wir für die Unendlich- 4. 
keit bestimmt sind. Yoreilige_ U)
	        
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