Full text: Geschichte der neueren Philosophie

164 DER ENGLISCHE DEISMUS. 
und ihre Werke Gottes würdig seien. Daß uns das innere Wesen Gottes Denkfreihe: 
unerforschlich ist, macht ihn nicht zum Geheimnis, denn von den ge- Die Geistli 
wöhnlichen Dingen der Natur kennen wir auch‘ nur die Eigenschaften, Es Ist Te 
Auch die Wunder sind nichts an sich Unbegreifliches, sie sind nur lich sein k 
Steigerungen der Naturgesetze über ihre gewöhnlichen Wirkungen hinaus Charakter 
durch übernatürliche Assistenz, die Gott jedoch sparsam und nur für Freidenkern 
außerordentliche Zwecke gewährt. Die in die christliche Moralreligion Gegenschri 
eingeschmuggelten Mysterien erklärt Toland aus der Schonung jüdischer Predigten 
und heidnischer Gebräuche, dem Eindringen gelehrter Spekulation und Berühmten 
eigennütziger Erfindung des Klerus und der Obrigkeit. Auch durch die nicht den 
Reformation ist die ursprüngliche Reinheit und Einfachheit noch nicht des unbesc 
ganz restitulert. vollem Maß 
Soweit. der Deist Toland. In seinen späteren Schriften, den Ye (denken 
fünf an die preußische Königin Sophie Charlotte gerichteten „Briefen an Collins’ Fre 
Serena“ 1704 und dem „Pantheistikon“ (Kosmopolis 1720) schreitet er paradox; aı 
zu einem hylozoistischen Pantheismus fort. Nachd, 
Von den Briefen handelt der erste von den Vorurteilen der Men- Schönen ge 
schen, der zweite von der heidnischen Unsterblichkeitslehre, der dritte durcli eine 
von der Entstehung des Götzendienstes, der vierte und fünfte beschäftigt nd Orthod 
sich mit Spinoza und bezeichnet als Hauptmangel seiner Philosophie, objektiven } 
daß sie die Bewegung unerklärt lasse. Die Bewegung gehört ebenso Sn braucht 
notwendig zum Begriff der Materie, wie Ausdehnung und Undurchdring- wepung mit 
lichkeit, Der Stoff ist immer bewegt, Ruhe ist nur gegenseitige Hemmung 
zweier bewegender Kräfte. Auf der mannigfaltigen Bewegung der Stoff- 1 Der? 
teilchen beruht die Verschiedenheit der Dinge, so daß es die Bewegung gerufenen Stre 
ist, welche die allgemeine Materie zu den Einzelwesen individuiert. Wie Beweise der c 
die Briefe den planvollen Bau der Organismen einer göttlichen Vernunft gründet, sein 
zuschreiben, so hält sich auch das Pantheistikon von der Konsequenz EOS 
des nackten Materialismus fern. Alles ist aus dem Ganzen, das Ganze nf der 
ist unendlich, eins, ewig, allvernünftig, Gott ist die Kraft des Ganzen, jüdischen ist, 
die Seele der Welt, das Gesetz der Natur. Das Büchlein enthält eine den aus den 
Liturgie der pantheistischen Gemeinde mit vielen Stellen aus alten Wunder unser 
Dichtern. Deutung ausdı 
Anthony Collins (1676—1729) erweist in seinem Dzscourse of nr 
free-thinking das Recht des freien Denkens (d. h. des Urteilens nach liche Auslegur 
Beweisen) im allgemeinen aus dem Grundsatze, daß uns keine Wahrheit der übrigen W 
zu erkennen. verboten ist und wir auf keinem anderen Wege zu ihr der geheimnis 
kommen und den Aberglauben los werden können, und das Recht seiner Sollen. So be 
Anwendung auf Gott und Bibel im besonderen aus dem Umstande, NE 
daß. die Priester über die wichtigsten Dinge geteilter Ansicht sind. Die geistigen Kr 
Besorgnis, daß die aus dem Freidenken entspringenden Meinungsver- dessen „Zeuge: 
schiedenheiten den Frieden der Gesellschaft gefährden würden, ist unbe- legung der An 
gründet: im Gegenteil, Unordnungen hat nur die Beschränkung der sinnbildlichen
	        
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