Full text: Geschichte der neueren Philosophie

1606 DER ENGLISCHE DEISMUS. 
in zerstreute theologische Kleingefechte auseinanderzugehen. Da wurde Lehre, nick 
sie durch Matthews Tindal (1656—1733) auf die Hauptfrage zurück- meinungen, 
gelenkt. Sein Christzanıty as ’old as creation ist das Grundbuch des das sittlich« 
Deismus, Es enthält alles, was wir als den Kern dieser Religionsansicht der einzige 
vorangestellt haben. Christus ist erschienen, nicht um eine neue Lehre Gesetzes is 
zu bringen, sondern um zur Reue und Buße zu ermahnen und das und Verge 
Gesetz: der Natur wiederherzustellen, das so alt ist wie die Schöpfung, vergolten 1 
so allgemein wie die Vernunft und so unveränderlich wie Gott, die seinem eig 
menschliche Natur und die Verhältnisse der Dinge zu einander, die wir religiös-sitt] 
im Handeln respektieren sollen. Religion ist Sittlichkeit, genauer: sie ist stiftete, hat 
die freie, beständige Neigung, so viel als möglich Gutes zu thun und Errettung | 
hierdurch die Ehre Gottes und das eigene Wohl zu fördern. Denn die (und der ı 
Übereinstimmung unseres Handelns mit den Vernunftregeln macht unsere würdig ma 
Vollkommenheit aus und auf dieser beruht unsere Glückseligkeit. Da UÜberzeugu 
Gott unendlich selig und selbstgenügsam ist, hat er bei den Pflichtge- deten natü 
boten nur das Glück der Menschen im Auge. Was eine positive Religion daß man « 
außer dem Sittengesetz enthält, ist Aberglaube, der auf Kleinigkeiten Reue Gotte 
Wert legt, die keinen haben. Die wahre Religion steht in der glücklichen der christli 
Mitte zwischen dem trostlosen Unglauben auf der einen und dem ängst- rechtlichen 
lichen Aberglauben, der wilden Schwärmerei und dem frömmelnden Eifer Thon 
auf der anderen Seite. Wenn wir die Souveränität der Vernunft auch auf christlichen 
religiösem Gebiet verkünden, so fordern wir nur offen dasselbe, was die 37) 
Gegner in der Praxis (z. B. der allegorischen Auslegung) von jeher still- Dinge das 
schweigend anerkannt haben. Gott hat uns die Vernunft gegeben, damit Religion _n 
wir durch sie das Wahre vom Falschen unterscheiden sollen. unfehlbar 
Thomas Chubb (1679—1747), ein Mann aus dem Volke (er war ist die An 
Handschuhmacher und Lichtzieher), seit 1715 an der deistischen Litteratur Gesetz mit 
beteiligt und bemüht, die neuen Ideen seinen Standesgenossen mundge- völlige Ab! 
recht zu machen, predigt in dem Z7ue gospel of Jesus Christ 1738 ein und das e 
ehrenwertes Handwerkerchristentum. Glauben heißt, das von Christus gegengeset 
eingeschärfte Vernunftgesetz beobachten, nicht, die über ihn berichteten des Aberg 
Thatsachen für wahr halten. Das Evangelium Christi wurde den Armen Aberglaube 
gepredigt, bevor er gestorben und, wie es heißt, auferstanden und gen gung jüdis 
Himmel gefahren war. Daß Christus gelebt, ist wahrscheinlich wegen eine ausfül 
der großen Wirkung seiner Botschaft; aber er war ein Mensch wie andere. Wohlwolle: 
Sein Evangelium ist seine Lehre, nicht seine Geschichte; seine eigene frühesten 
mythisch, 
Unglaubhaftigkeiten und Widersprüchen in den evangelischen Berichten vorging und Glanzes e 
die christlichen Schriftsteller insgesamt für Lügner und Verfälscher erklärte. Wer Poeten ge 
Wunder, als übernatürliche Eingriffe in den gesetzlichen Naturlauf, behauptet (und so Schutzgott 
muß man sie nehmen, wenn sie die Göttlichkeit des Evangeliums beglaubigen sollen), Benehmen 
der macht Gott zu einem veränderlichen Wesen und die Naturgesetze zu unvoll- Gesetz‘ mi! 
kommenen, der Korrektur bedürftigen Einrichtungen. Die Wahrheit der Religion ist j 
unabh ängig von aller Historie. licher Pol
	        
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