Full text: Geschichte der neueren Philosophie

174 DIE ENGLISCHE MORALFHILOSOPHIE. 
den Kraft belebt zu denken; diese allbeherrschende Einheit ist die Seele die selbsti 
des Weltganzen, der Allgeist, die Gottheit. Die Zweckmäßigkeit und Grade, d. 
Schönheit des für uns überblickbaren Teiles der Welt erlaubt einen Affekte. A 
Schluß auf die gleiche Beschaffenheit der uns unzugänglichen Teile, so kann es im 
daß wir sicher sein dürfen, daß die zahlreichen Übel, die wir im ein- Rücksicht z 
zelnen antreffen, zum Wohle eines übergeordneten Systems dienen, und umgekehrt. 
alle scheinbaren Unvollkommenheiten zur Vollkommenheit des Ganzen natürlichen 
beitragen. So wie unser Philosoph den Gedanken der Weltharmonie be- kommt auc 
nutzt, um den Theismus und die Theodicee zu stützen, so leitet er Eltern, ersc 
weiterhin aus ihm den Inhalt der Sittlichkeit ab und giebt ihr damit Bekehrungs 
eine von der Selbstsucht und den Launen der Mode unabhängige Grund- heftigen, di 
lage in der Natur. Affektes. I 
Gut ist ein Wesen, wenn in ihm der auf Erhaltung und Wohlfahrt eigenen Wo 
der Gattung gerichtete Trieb stark und der auf das eigene Wohl ge- nicht tugen‘ 
richtete nicht zu stark ist. Von der Güte des bloß empfindenden We- sie für das 
sens unterscheidet sich die Tugend, des vernünftigen dadurch, daß der nützen, der 
Mensch nicht nur Triebe hat, sondern über sie reflektiert, sein und an- die Neigun; 
derer Thun billigt oder mißbilligt und hiermit seine Neigungen zum oder zu de 
Gegenstand einer höheren, reflektierenden, beurteilenden Neigung macht. Proportion _ 
Diese sittliche Unterscheidungsgabe, der Sinn für recht und unrecht oder, des Guten 
was dasselbe ist, für schön und häßlich, ist uns angeboren: von Natur, jenen unter 
nicht erst durch Konvention, geben wir der Tugend Beifall und ver- den sittliche 
werfen das Laster, und aus diesem natürlichen Gefühl für gut und böse wird vervoll 
entwickelt sich durch Übung ein ausgebildeter moralischer Geschmack Die Ha 
oder Takt. Indem dann weiter vermittelst jenes Beurteilungsvermögens ist zugleich 
die Vernunft eine Herrschaft über die Leidenschaften gewinnt, wird der daß ungese!l 
Mensch zum moralischen Künstler, zum Tugendvirtuosen. Gesellschaft 
Die Tugend gefällt durch sich selbst, durch ihre eigene Schönheit fremdem Le 
und Würde, nicht wegen eines äußeren Gewinnes. Man soll die Liebe die Liebe u 
zum Guten um des Guten willen nicht durch die Aussicht auf künftige des eigenen 
Vergeltungen verunreinigen, die höchstens als Gegengewicht gegen böse das wahre ( 
Leidenschaften zuzulassen ist. Wo Shaftesbury von der jenseitigen Ekel begleit 
Seligkeit spricht, weiß er das Leben im Himmel. nicht köstlicher zu be- sucht: nur ı 
schreiben, denn als eine ununterbrochene Freundschaft, Hochherzigkeit und Dem p 
Großmut, als ein beständiges Belohntwerden der Tugend durch neue himmlische 
Tugend, Aufgaben au 
Das Gute ist das Schöne, und das Schöne ist das Harmonische, gelehrt habe 
Symmetrische; daher besteht im Gleichgewicht der Neigungen und dächtig zu 
Leidenschaften das Wesen der Tugend. Von den drei Klassen der ein Priester 
Passionen, die Shaftesbury unterscheidet, ist die eine, die der unnatür- Heimat an, 
lichen oder unsozialen, welche weder das eigene Wohl noch das an- und lehrt aı 
derer bezwecken; wie Bosheit, Neid und Grausamkeit, stets und durch- den Glaube1 
aus böse. Die beiden anderen, die geselligen (oder natürlichen) und möglich, ab«
	        
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