Full text: Geschichte der neueren Philosophie

SHAFTESBURY. 175 
ie Seele die selbstischen können tugendhaft und lasterhaft sein, je nach ihrem 
eit und Grade, d. h. nach dem Verhältnis ihrer Stärke zu der der anderen 
ct einen Affekte. An sich ist eine Neigung des Wohlwollens nie zu stark, sie 
eile, so kann es immer nur sein im Vergleich zu der der Selbstliebe, oder in 
im ein- Rücksicht auf die Konstitution dieses bestimmten Individuums; ebenso 
en, und umgekehrt. Das Gewöhnliche ist, daß die sozialen Neigungen hinter dem 
Ganzen natürlichen Maße zurückbleiben, die selbstischen es überschreiten; doch 
nie be- kommt auch das Entgegengesetzte vor, Überspannte Zärtlichkeit der 
eitet er Eltern, erschlaffendes, zur Hilfe untauglich machendes Mitleid, religiöse 
c damit Bekehrungssucht, leidenschaftlicher Parteigeist sind Beispiele eines zu 
Grund- heftigen, die Thätigkeit der übrigen Neigungen hemmenden geselligen 
Affektes. Ebenso fehlerhaft ist andererseits die Vernachlässigung des 
Ohlfahrt eigenen Wohles. Denn wenn auch der Besitz der selbstischen Neigungen 
ohl ge- nicht tugendhaft macht, so ist doch ihr Fehlen ein sittlicher Makel, da 
en We- sie für das allgemeine Wohl unentbehrlich sind. Niemand kann anderen 
daß der nützen, der nicht sich selbst in tauglichem Zustande erhält. So weit 
and. an- die Neigung für unser privates Wohl mit dem allgemeinen sich verträgt 
en zum oder zu demselben beiträgt, ist sie gut und notwendig. Die richtige 
; macht. Proportion zwischen den sozialen Passionen, welche die eigentliche Quelle 
ht oder, des Guten bilden, und den eigenliebigen besteht darin, daß diese sich 
ı Natur, jenen unterordnen. Die Verwandtschaft dieser harmonistischen Ethik mit 
nd ver- den sittlichen Anschauungen des Altertums ist leicht zu erkennen. Sie 
nd böse wird vervollständigt durch den eudämonistischen Abschluß. 
schmack Die Harmonie der Triebe, wie sie das Wesen der Tugend ausmacht, 
rmögens ist zugleich der Weg zur wahren Glückseligkeit. Die Erfahrung zeigt, 
wird der daß ungesellige, teilnahmlose, lasterhafte Menschen elend sind, Liebe zur 
Gesellschaft die reichste Quelle des Glückes ist, selbst das Mitgefühl mit 
chönheit fremdem Leid mehr Lust als Schmerz bereitet. Tugend verschafft uns 
ie Liebe die Liebe und Achtung anderer, verschafft uns vor allem die Billigung 
künftige des eigenen Gewissens, und in der Zufriedenheit mit uns selbst besteht 
zen böse das wahre Glück. Die edle, reine, beständige, nie von Sättigung und 
nseitigen Ekel begleitete geistige Lust am Guten suchen, nenne man nicht Selbst- 
r zu be- sucht: nur wer schon gut ist,’ findet am Guten Gefallen. 
gkeit und Dem positiven Christentum ist Shaftesbury nicht hold, weil es durch 
rch neue himmlische Verheißungen die Tugend lohnsüchtig gemacht, die sittlichen 
Aufgaben aus dieser Welt ganz ins Jenseits hinausgerückt und die Menschen 
nonische, gelehrt habe, aus lauter übernatürlicher Bruderliebe einander höchst an- 
gen und dächtig zu plagen. Solcher Transzendenz gegenüber weist Shaftesbury, 
ssen der ein Priester der modernen Weltanschauung, der Tugend auf Erden ihre 
nnatür- Heimat an, sucht in der gegenwärtigen Welt den F inger der Vorsehung 
das an- und lehrt aus der begeisternden Anschauung des schön geordneten Alls 
d durch- den Glauben an Gott gewinnen. Wohl ist Tugend ohne Frömmigkeit 
nen) und möglich, aber nicht ohne _ sie vollendet. Das Erste und Feste aber ist
	        
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