Full text: Geschichte der neueren Philosophie

ADAM SMITH. 181 
Zunächst bezeichnet „Sympathie“ nichts weiter als das angeborene 
N rein formelle Vermögen, die Gefühle anderer bis zu einem gewissen Grade 
She in uns nachzuahmen. Aus diesem unscheinbaren Keim erwächst in fort- 
at überall schreitender Entwickelung der umfangreiche Baum der Moralität: das sitt- 
liche Urteil, die sittliche Forderung nebst ihrer religiösen Sanktion und 
31790) der sittliche Charakter. Wir unterscheiden demgemäß verschiedene Ent- 
; gebracht, wickelungsstadien der Sympathie: das psychologische Stadium des bloßen 
» alle von Mitempfindens, das ästhetische der moralischen Wertschätzung, das impera- 
n überdies tivische sittlicher Regeln, die weiterhin als Gebote Gottes angesehen 
x als Pro- werden (die berühmte Kantische Begriffsbestimmung der Religion wurde 
e nicht in in Glasgow ein Menschenalter früher ausgesprochen, als in Königsberg), 
;rarbeitung endlich das abschließende Stadium der Aufnahme jener Pflichtgesetze 
»s aufreiht, in die Gesinnung. Außerdem ergeben sich aus dem Mechanismus der 
noch nicht sympathetischen Gefühle eine Reihe von Erscheinungen, die, obwohl sie 
ımfassende mit dem sittlichen Maßstabe nicht ganz übereinstimmen, ‚dennoch für den 
elegentlich Bestand der Gesellschaft von heilsamer Wirkung sind, z. B. die exzeptio- 
nem Sich- nelle Beurteilung des Thuns der Großen, Reichen und Glücklichen, so- 
len Trag- wie der höhere Wert, welcher der glücklich ausgeführten guten (resp. die 
lieses Mit- größere Schuld, welche der zur That gewordenen bösen) Absicht vor der 
ten Äuße- erfolglos gebliebenen beigemessen wird. 
e Art von Das erste, rein psychologische Stadium umfaßt drei Fälle. Der Be- 
«liche Ver- obachter sympathisiert ı. mit den Affekten des Handelnden, 2. mit der 
rs nämlich Dankbarkeit oder dem Zorn des von der Handlung Betroffenen, 3. der 
n hatte — Beobachtete sympathisiert rückwärts mit den nachahmenden und be- 
Handlung, urteilenden Gefühlen des Zuschauers. Die Grundgesetze der Sympathie 
(oder die sind folgende, 
wenn der Die Nachahmung einer Empfindung wird erweckt durch die Wahr- 
Ne nehmung entweder ihrer Anzeichen (ihrer natürlichen Folgen oder 
eh VERTRAGS Äußerungen in sichtbaren oder hörbaren Gebärden) oder ihrer Anlässe 
BEI SSSCH (der sie erzeugenden Lage und Erlebnisse); und zwar durch die der 
Folgen der letzteren zwingender als durch die der ersteren. Der Stelzfuß des Bettlers 
ty. — Das wirkt eindringlicher auf unser Mitleid, als seine bekümmerte Miene, der 
dasjenige, Anblick chirurgischer Instrumente spricht beredter, als das Wimmern 
ze, was als des von Zahnschmerz Geplagten. Um in uns die Gefühle jemandes 
nd, sowohl lebendig nachbilden zu können, müssen wir deren Ursachen kennen. 
die beiden — Die Empfindung des Beobachters ist durchschnittlich minder stark, 
d beurteilt als die des Beobachteten, solange der letztere nicht die seinige, durch 
lichen Ant- Rücksicht auf die Kühle des ersteren, beherrscht und herabstimmt. Der 
Abstand zwischen der Höhe der sympathetischen Empfindung und der 
der ursprünglichen ist bei den verschiedenen Arten der Gemütsbewegungen 
re ins Leben sehr verschieden. Wir versetzen uns schwer in solche Gefühle, die aus 
BACH, Unter- körperlichen Zuständen entspringen, leicht in solche, zu deren Erzeu- 
philosophie, gung Einbildungskraft mitwirkt, also leichter in Hoffnung und Furcht,
	        
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