RELIGIONS- UND MORALPHILOSOPHIE. 201
rünglichkeit der geschichtlichen Religionen. Sie sind ihm Irrtümer, aber natürliche, im
beste Reli- Wesen des Menschen begründete Irrtümer, „Träume eines Fieberkranken‘““‘,
;heismus zu deren Entstehung und Verlaufe er mit der erschreckenden Kaltblütigkeit
ıger verzagt und dem leidenschaftslosen Interesse eines sezierenden Arztes nachspürt.
N Ka In der Moralphilosophie! zeigt sich Hume nur als Empirist, nicht
Kobachtung als Skeptiker. Die Gesetze der menschlichen Natur sind einer ebenso
= genauen Untersuchung durch Erfahrung fähig, wie die der äußeren Natur;
N HHSER der Beobachtung und Analyse verheißen sogar in diesem wichtigsten und doch
Kt Ationcll bisher so arg vernachlässigten Wissenszweige noch glänzendere Erfolge,
Ch die Ver- als in der Physik. Wenn sich das Wissen und Meinen auf das assoziative
lösen. Jaßt Spiel der Ideen und der Schatz der Vorstellungen wiederum auf ursprüng-
Er Ges liche Eindrücke zurückführen und daraus ableiten ließ, so stellt sich das
schr herab Wollen und Handeln des Menschen als ein Ergebnis des mechanischen
dertelco: Getriebes der Leidenschaften dar, welche selbst noch weiter auf ursprüng-
der viele lichere Prinzipien zurückweisen. Die letzten Triebfedern alles Thuns sind
KA der Lust und Unlust, denen wir unsere Vorstellungen von Gütern und Ubeln
hafeen und verdanken. Unmittelbare Wirkungen dieser Urelemente sind. die direkten
unendliche, Leidenschaften: Verlangen und Abscheu (oder Zu- und Abneigung), Freude
undüieütise and Betrübnis, Furcht und Hoffnung. Aus ihnen entstehen unter ge-
ibzu wissen Umständen die indirekten Passionen: Stolz. und Kleinmut,
ften ZUZu> Liebe und Haß (nebst Achtung und Verachtung); jene, wenn die gefühls-
un Or erregenden Objekte unmittelbar mit unserem Selbst verbunden sind, diese,
At es kei wenn Lust und Unlust durch die Vorzüge oder Mängel anderer erweckt
‚ang‘ und werden. Während sich an Liebe und Haß stets eine Bereitschaft zum
Nicht eine Handeln, ein Wohl- oder Ubelwollen anknüpft, sind Stolz und Demut
roter Wahr: reine, in Sich selbst beharrende, unaktive Gemütsbewegungen.
m Stande Alle sittlichen Phänomene, Wille, moralisches Urteil, Gewissen, Tugend,
die Wahr 1 sind nicht einfache und ursprüngliche Data, sondern zusammengesetzter
Ein 20 be: oder abgeleiteter Natur. Sie sind insgesamt Produkte des regelmäßigen
Fndem nur Zusammenwirkens der Leidenschaften. Bei solcher Anschauung kann von
Sich selbst einer Freiheit des Willens natürlich nicht die Rede sein. Wer gegen den
. Er eknine Determinismus einwerfe, daß Tugenden: und Laster, wenn sie unwillkürlich
= und notwendig seien, nicht gelobt und getadelt werden dürfen, sei auf
han nie den Beifall zu verweisen, der der Schönheit und dem Talente gezollt werde;
Bheit “Der sie gelten als verdienstlich, obwohl sie nicht von unserer Wahl abhängen.
mul sich Erst der theologische und juristische Gesetzesstandpunkt habe alles Ver-
Hasen: war Dienst auf Freiwilligkeit gegründet, während die alten Philosophen unbe-
hilosophen denklich von intellektuellen Tugenden sprachen. | |
nen Arten Die bestimmenden Gründe des Wollens sieht Hume nicht, wie fast
gicmen Ger alle seine Vorgänger und Zeitgenossen, in den Vorstellungen, sondern in
A den Gefühlen, Nachdem er die Vernunft auf theoretischem Felde zu
Originalität -—
Betrachtung 1 Vergl. G. v. GZIYCKI, Die Ethik D. Humes, 1878.