Full text: Geschichte der neueren Philosophie

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Gunsten der Gewohnheit und des Instinktes in ihren Rechten geschmälert, umfaßt « 
depossediert er sie auch auf praktischem Gebiete. Das Denken leitet uns Wohlwol 
zwar bei der Auswahl der Mittel für einen gewollten Zweck, auf das Wollen Maßstab 
der Zwecke selbst aber wirkt es nicht ein. Die kühle Vernunft, die nur die wed« 
über wahr und falsch urteilt, ist ein unthätiges Vermögen, das uns allein schaffen, 
niemals mit Lust und Begierde zu einem Gegenstande erfüllen, niemals Weı 
selbst ein Motiv sein kann. Nur indirekt, mit Hilfe einer Neigung, ver- setzt wirc 
mag sie Einfluß auf den Willen.zu gewinnen. Abstrakte V orstellungs- freilich —n 
verhältnisse lassen uns völlig gleichgültig, ebenso Thatsachen, solange sie Handlun 
nicht durch ihre Beziehung auf unseren Gemütszustand einen Gefühlswert Lobe ode 
erlangen. Wo man von einem Siege der Vernunft über die Leidenschaft dem wol 
spricht, da hat thatsächlich nur eine Leidenschaft über die andere, lichen zı 
und zwar eine ruhige über eine heftige, gesiegt. Was man so im Leben über das 
Vernunft nennt, ist nichts als nur einer von jenen allgemeinen und Sympat 
stillen Affekten, welche (wie z. B. die Liebe zum Leben) den Willen, Zustände 
ohne eine merkliche Unruhe im Gemüte hervorzurufen, zu einem ent- freudig, 
fernten Gute hinlenken; unter Leidenschaft versteht man gemeinhin der Gew 
nur die stürmischen Erregungen, die eine merkbare Verwirrung in der beurteile: 
Seele anrichten und zu deren Erzeugung eine gewisse Nähe des Gegen- die ande 
standes erforderlich ist. Jemand heißt fleißig „aus Vernunft“, wenn ihn und Tha 
ein ruhiges Verlangen nach Gelderwerb arbeitsam macht. Man. irrt, Sie heißt 
wenn man alle heftigen Leidenschaften für stark, alle ruhigen für schwach während 
hält. Das Übergewicht der ruhigen Affekte macht das Wesen der Seelen- scheinen. 
stärke aus. Inn 
Wie die Vernunft von einer Lenkerin des Willens zu einer „Sklavi n untersche 
der Leidenschaften“ degradiert worden, so wird ihr auch das Urteil über lichkeit ı 
Recht und ‚Unrecht entzogen. Über die moralischen Unterschiede ent- keit un 
scheidet der Sinn des Angenehmen und Unangenehmen. Wir fällen mit dem 
über die Handlungen der Mitmenschen ein unmittelbares Geschmacks- einer na! 
urteil: das Gute gefällt, das Böse mißfällt., Der Anblick der Tugend leiten, sı 
erfreut, der des Lasters stößt ab. Tugendhaft ist demnach eine Hand- ihren Ur 
lung oder Eigenschaft des Geistes, die im Betrachter das angenehme, Auf 
uninteressierte Gefühl der Billigung hervorruft, Welche Handlungen die Billig 
sind es, denen solche allgemeine Billigung zu teil wird, und woraus ist Zeichen 
der Beifall zu erklären, den ihnen der Zuschauer schenkt? aus unei 
Wir billigen diejenigen Charaktereigenschaften, welche entweder für Verpflich 
die Person selbst oder für andere unmittelbar angenehm oder nütz- wollen 
lich sind. Das giebt vier Klassen löblicher Eigenschaften. Für den Selbstliel 
Besitzer angenehm (noch abgesehen von dem Nutzen für ihn und bei. dene 
andere) sind Frohsinn, Charakterwürde, Mut, Selbstvertrauen und Wohl- wir wüns 
wollen; für andere unmittelbar angenehm: Bescheidenheit, gute Sitten, haben, 
Höflichkeit und Witz; uns selbst nützlich: Willenskraft, Fleiß, Sparsam- sehr übe 
keit, Körperkraft, Verstand und andere Geistesgaben. Die vierte Klasse ableiten. 
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