Full text: Geschichte der neueren Philosophie

206 DIE SCHOTTISCHE SCHULE. 
Dinge, sondern Vorstellungen seien und daß Urteile oder Erkenntnisse selbstevid 
aus der Verbindung ursprünglich vereinzelter Ideen entstehen. Die Ab- dabei im! 
surdität der Konsequenzen beweist: die Falschheit der Prämissen. Die Klassen, 
wahre Philosophie darf dem gesunden Menschenverstande nicht wider- faktischer 
sprechen. Es ist nicht richtig, den Geist als ein unbeschriebenes Blatt führt er n 
anzusehen, auf welches die Erfahrung einzelne Schriftzüge auftrage, den ästhetisch 
vergleichenden Verstand diese zunächst unverbundenen Elemente nach- gehören 
träglich zu Urteilen zusammensetzen und die Überzeugung von der Existenz lichen, d 
des Gegenstandes als Resultat einer Überlegung zur Vorstellung hinzu- eine Ursa 
treten zu lassen: die Elemente, in die unsere Analyse die Erkenntnisakte liegenden 
zerlegt, sind keineswegs das Ursprüngliche, woraus dieselben entstehen. keleys ur 
Das Erste sind nicht isolierte Ideen, sondern Urteile, an sich selbst Die Zust: 
evidente Grundsätze des Verstandes, welche einen Teil der uns von verbürgt 
Gott verliehenen geistigen Konstitution ausmachen, und mit der Empfindung Identität 
ist unmittelbar der Glaube (belzef) an die Wirklichkeit des Gegenstandes Wir habe 
gegeben, dem sich — wie Hume eingeräumt hatte — kein Mensch, selbst haben Le 
der verwegenste Skeptiker nicht, zu entziehen vermag. Die Empfindung wicht. Iı 
verbürgt das Vorhandensein eines äußeren Dinges und einer bestimmten was frühe 
Beschaffenheit desselben, obwohl sie kein Bild dieser Eigenschaft, sondern Daß 
nur ein Zeichen für etwas ihr keineswegs Ähnliches ist. Sie verbürgt Menscheı 
ebenso die Existenz der empfindenden Seele. blemen z 
Dies der Standpunkt des Stifters der schottischen Schule Thomas kundet, c 
Reid (1710—1796, Professor in Aberdeen und Glasgow).! Man kann Lesern zt 
darin ebensowohl eine Erneuerung der Gemeinbegriffe des Herbert als der Unfe 
eine Übertragung des von den Moralisten und Ästhetikern gelehrten an- begonnen 
geborenen Beurteilungsvermögens vom praktischen auf das theoretische allerdings 
Gebiet erkennen: der „gesunde Menschenverstand“ ist ein ursprünglicher des Inner 
Sinn für das Wahre, wie der „Geschmack“ des Shaftesbury und Hutcheson Beattie 
ein natürlicher Sinn für das Gute und Schöne war. Wie später Jacobi, Unveränc 
so‘ weist Reid darauf hin, daß das durch Schlüsse vermittelte Wissen ein mus“ 177 
unmittelbares Wissen, alles Folgern und Beweisen feste, unbeweisbare, widerspre 
unmittelbar gewisse Grundwahrheiten voraussetze. Man findet die Grund- folglich a! 
urteile oder Prinzipien des gesunden Menschenverstandes durch Beobach- handelte 
tung (empiristischer Rationalismus). Bei ihrer Aufstellung ist eine doppelte und Rom: 
Gefahr zu vermeiden: es dürfen weder zufällige Ansichten zu Axiomen das Erhak 
erhoben, noch darf aus übertriebenem Einheitsbedürfnis die Zahl der gische unc 
m 7 in Angele; 
1 Untersuchungen über den menschlichen Geist nach Prinzipien des gesunden tives Urte 
Menschenverstandes (common sense) 1764; 1785 und 1788 Versuche über die intellek- unter den 
tuellen und über die aktiven Kräfte des Menschen, zusammen unter dem Titel Elemente 
Essays om Ihe ZowErs of the human mind. Werke 1804 u. ö. Vergl. J. MC COSH, Werke: v 
The Scottish philosophy, London 1875; M. KaAppEes, Der common sense bei Th. Reid, ? 
München 1800; A. S. PRINGLE PATTERSON, 7%e Scottish philosophy, 2. Aufl. 1800: ausgebaut 
A. C. Fraser, 7A. Reid (Famous Scots series) 1898. Spencer ı
	        
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