Full text: Geschichte der neueren Philosophie

254 PUFENDORF, THOMASIUS: 
seinigen die Geselligkeit und somit die Respektierung ihrer Bedingungen von Aufkl:; 
fordern. dem Eklek 
An den letztgenannten schließt sich an Christian Thomasius! aus den ( 
(1655—1728, seit der Gründung der Universität Halle 1604 Professor versuchten. 
der Rechte daselbst), der erste Dozent, der es wagte — in Leipzig seit mathematis 
1687 — Vorlesungen in deutscher Sprache zu halten, zugleich Heraus- Tschirnhau 
geber der ersten deutschen gelehrten Zeitschriften (Teutsche Monate, Ge- ihren Aus; 
schichte der Weisheit und Thorheit). In Thomasius treten zuerst mit voller Exp erimen 
Entschiedenheit die charakteristischen Züge der deutschen Aufklärung Urfakta, 
hervor: Vermeidung des Schulmäßigen in Ausdruck und Beweisführung, zweite, da. 
direkte Beziehung des Wissens auf das Leben, nüchterne Verständigkeit die Basis ı 
des Denkens, sorgloser Eklekticismus, die Forderung religiöser Duldung. nicht, die 
Die Philosophie soll allgemeinverständliche uud praktisch nützliche Welt- Eindrücke 
(nicht Gottes-) Weisheit sein, ihre Form freies und geschmackvolles der Physik 
Raisonnement, ihr Gegenstand der Mensch und die Moral, ihre nächste Vorstellung 
Aufgabe Bildung, nicht Gelehrsamkeit, ihr höchster Zweck die Glückselig- Nicht die 
keit, ihr Organ und der Prüfstein jeglicher Wahrheit der gesunde Men- giebt Wiss 
schenverstand. Wahre Erkenntnis erwirbt nur, wer seinen Verstand von als solcheı 
Vorurteilen säubert und allein aus eigener Einsicht urteilt; das Glück der Verwechsel 
Gemütsruhe wird keinem zu Teil, der nicht sein Herz von thörichten Verfahren 
Begierden und heftigen Leidenschaften befreit und es der Tugend, der von (geneti 
„vernünftigen Liebe“ widmet. — Geringeres Interesse als dieser für die Axiome, aı 
Folgezeit vorbildliche allgemeine Standpunkt des T’homasius haben seine a priori Be 
positiven Lehren. Er teilt die praktische Philosophie in das Naturrecht, bracht wer 
welches vom zusium, die Politik, welche vom decorum, und die Ethik, philosophie 
welche vom honestum handelt. Die Gerechtigkeit befiehlt: thue keinem Mathematik 
anderen, was du nicht willst, daß dir geschehe; die Wohlanständigkeit: wahren Be: 
thue anderen, was du willst, daß sie dir thun; die Ehrbarkeit oder schaft, wäh 
Sittlichkeit: thue dir selbst, was du willst, daß andere sich thun. Die oder mit d 
beiden ersten Gesetze beziehen sich auf den äußeren, das dritte auf den 
inneren Frieden; die Rechtspflichten sind erzwingbar, die sittlichen nicht, 
War Thomasius der Anführer jener Popularphilosophen, welche, un- 
bekümmert um systematischen Zusammenhang, jedes Problem einzeln Christi 
vor dem Richterstuhle des gesunden Menschenverstandes verhandelten daneben M 
und darin, daß sie sich keiner philosophischen Sekte zugesellten, eine und erhielt 
hinreichende Garantie für die Vorurteilslosigkeit und Unparteilichkeit ihrer matik in H 
Erwägungen erblickten, so wurde der Spinoza und Leibniz befreundete schen Diszi 
Graf Walter v. Tschirnhausen (1651—1708 ; Medicina mentis sive artıs sowie die r; 
inventendi praecepta  generalia 1687) das Vorbild einer anderen Gruppe gunst der 
a Wilhelm I. 
1 Thomasius: Drei Bücher der Institutionen der göttlichen Jurisprudenz 1688; La ( 
Grundlagen des Natur- und Völkerrechts 1705, beide lateinisch; deutsch erschienen . SZ 
16091—16096 Einleitung und Ausführung der Vernunft- und Sittenlehre. er bis zu se
	        
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