Full text: Geschichte der neueren Philosophie

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triebene Ansprüche erhob und schließlich mit sich selbst in Widerspruch noch als 
geriet. Ist es wahr, was der Empirismus behauptet, daß alle unsere Charakter 
Begriffe aus der Wahrnehmung stammen, so ist nicht nur eine Wissen- Geometrie 
schaft des Übersinnlichen, die er verwirft, sondern auch eine Wissenschaft sätze aus 
von Erfahrungsgegenständen, um die er sich bemüht, unmöglich, Denn einer beg 
die Wahrnehmung belehrt uns nur über einzelne Fälle, sie kann niemals thatsächli 
alle umfassen, sie giebt keine notwendige und allgemeine Einsicht, ein Syllogismi 
Wissen aber, das nicht apodiktisch für jeden Urteilenden und für alle nicht neı 
Fälle gilt, verdient diesen Namen gar nicht. Aus den Gründen, mit falschvers 
denen die Möglichkeit der Erkenntnis erwiesen werden soll, folgt gerade dareinges: 
ihre Unmöglichkeit. Die Erfahrungsphilosophie hebt sich selbst auf und schlumme 
endigt mit Hume im Skepticismus und Probabilismus. — Einem ent- Wenn es 
gegengesetzten und doch auch wiederum verwandten Schicksal verfällt wahrer W 
der Rationalismus, er löst sich in eine eklektische Popularphilosophie Erkenntn: 
auf, Er glaubt, in der Klarheit und Deutlichkeit der Vorstellungen ein die Klarh 
untrügliches Kriterium der Wahrheit und in der mathematischen Methode genomme 
ein sicher leitendes Vorbild für die philosophische entdeckt zu haben, schlaffend 
Er irrt sich in beiden Punkten, Jenes Kriterium ist unzulänglich, denn Verdeutli 
aus gleich klaren und deutlichen Begriffen haben Spinoza und Leibniz metaphys 
ihre entgegengesetzten Theorien erbaut, jener die All-Einslehre, dieser die des Ratic 
Monadenlehre: an jenem Maßstabe gemessen ist der Individualismus den emp: 
ebenso wahr wie der Pantheismus. Die Mathematik aber verdankt ihre deutliche 
unbestrittene Geltung und einleuchtende Kraft nicht der Klarheit und Aufnahm 
Deutlichkeit ihrer Begriffe, sondern dem Umstande, daß sich dieselben Es © 
in der Anschauung konstruieren lassen. Man übersah den Unterschied sich eine 
zwischen Mathematik und Metaphysik, der darin besteht, daß das zu verme 
mathematische Denken seine Begriffe in Anschauungen zu verwandeln, viel schw 
seine Gegenstände zu erzeugen oder sinnlich darzustellen vermag, was gesetzten 
das philosophische nicht im stande ist. Diesem müssen seine Objekte so falsch, 
gegeben sein, und dem Menschengeiste werden sie nicht anders gegeben, fehlerhaft 
als durch sinnliche Anschauung. Die Metaphysik will eine Wissenschaft Der 
vom Wirklichen sein, aus dem Denken aber läßt sich kein Sein heraus- lichen. Er 
klauben, Wirklichkeit kann nicht aus Begriffen bewiesen, sondern nur Vorstellu: 
empfunden werden. Indem der Rationalismus das Unempfindbare und sein, so .d 
Übersinnliche (das wahre Wesen der Dinge, das Weltganze, die Gott- nämlich 
heit, die Unsterblichkeit) für das eigentliche Objekt der Philosophie er- andernfal 
klärte, sah er im Verstande ein Erkenntnisvermögen, durch welches Gegen- würde. I 
stände gegeben würden. In Wahrheit können durch Begriffe nie Gegen- nunft. 1 
stände gegeben, sondern nur anderweitig (durch Anschauung) gegebene = 3 
Gegenstände gedacht werden. Wohl giebt es Begriffe vom Übersinn- HS 
. . x . Mendels: 
lichen, aber es kann durch sie nichts erkannt, es kann unter sie nichts Wissensch: 
anschaulich Gegebenes subsumiert werden. Mit der obenerwähnten Ver- SEOME(HSG 
kennung des anschaulichen Elementes der Mathematik verband sich darin ent; 
FTalcka 
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