Full text: Geschichte der neueren Philosophie

EINLEITUNG. 11 
Geschlechte in freudigem sophie war, nach Ursprung und Publikum, durchaus national; sie wurzelt 
Optimismus waren stets in der Eigenart des Volkes und wendet sich an Volksgenossen, erst gegen 
ihren Ausgang hin und nicht ohne christliche Einflüsse erwachen welt- 
»rechender Wechsel des bürgerliche Neigungen. Das Mittelalter ist, wie für alles Weltliche, so 
Vaturerkenntnis räumen. auch für die nationalen Unterschiede gleichgültig; neben der transzen- 
gischen Fragen müde, denten Bestimmung des Menschen hat nichts einen Wert. Seine Philo- 
ıen Welt sich heimisch sophie ist ihrer Absicht nach unnational, kosmopolitisch, katholisch, sie 
sch nutzbarem Wissen bedient sich der allgemeinen Schulsprache des Lateinischen, in aller 
r Welt, sondem in ihr. Herren Ländern sucht sie ihre Anhänger und findet sie ihre produktiven 
e Transzendenz macht Geister, ohne daß deren nationale Eigenart in wirksamer Weise zur Geltung 
ehre. Naturalistisch käme. Die Neuzeit kehrt nun zu dem nationalen Charakter des Alter- 
lem sie nicht nur die tums zurück, giebt jedoch dabei den im’ Mittelalter gewonnenen Vorteil 
ıdern auch die in der der Ausbreitung über den ganzen zivilisierten Erdkreis nicht auf. Der 
nathematische, ‚auf die Baum der modernen Philosophie schickt seine Wurzeln tief in das frucht- 
naturae betrachtet und bare Erdreich der Nationalität hinein, während die Krone sich weit über 
der ethischen und poli- die Grenzen derselben hinausbreitet, So ist sie volkstümlich und kosmo- 
politisch zugleich, sie ist international als Gemeingut der verschiedenen 
stisch, humanistisch und Völker, die in regem Wechselverkehr ihre philosophischen Gaben aus- 
a Orientierung genügen, tauschen. Für das Ausland wird vielfach das Latein als die Weltsprache 
ion und Einschränkung der Gelehrten beibehalten, aber manches Werk ist vorher in der Mutter- 
Darstellung überlassen sprache veröffentlicht und — in ihr gedacht worden, So wird es möglich, 
daß die Gedanken der Weisen, wie sie aus dem Geiste des Volkes ge- 
gewiesen. Die Gleich- boren wurden, in das Volksbewußtsein eindringen und über die Kreise 
che als einer der hervor- des gelehrten Publikums hinaus eine Macht werden. Philosophie als Auf- 
geführt wurde, bedeutet klärung, als Element der allgemeinen Bildung, ist eine ausschließlich neu- 
he Religion, geschweige zeitliche Erscheinung. In dem spekulativen Völkerverkehr aber sind nach 
öse Empfindung, welche Produktion und Konsumtion die Franzosen, Engländer und Deutschen 
ers stark und schwärme- am stärksten beteiligt. Frankreich (Descartes) ergreift die Initiative, sodann 
N sie statt der transzen- geht die Hegemonie auf England (Locke) über, mit Leibniz und Kant 
Verehrung widmet; teils übernimmt Deutschland die Führung» um sie neuerdings mit England und 
;erliche, kirchliche Form Amerika zu teilen. In der Zeit der Gärung vor Descartes nimmt außer 
» Es war häufig gerade jenen Mächten Italien an der Erzeugung philosophischer Ideen eifrigen 
as die Denker in den Anteil. Jede dieser Nationalitäten bringt zur Gesamtleistung Gaben mit, 
m So das dauernd Be- die schlechterdings nur sie zu liefern im stande ist, und wird durch 
ıtionen des Mittelalters Gegengaben belohnt, die sie aus eigenen Mitteln hervorzubringen unver- 
t und in die neue Welt- mögend wäre. Dieser internationale Gedankenaustausch, bei welchem 
‚ zugleich auch aus dem jeder Teil schenkt und jeder gewinnt, dazu der Umstand, daß die bedeu- 
zeigt der Fortgang der tenden Denker der Neuzeit, namentlich der vorkantischen Hälfte, zum 
danken, Anschauungen großen Teile nicht Philosophen von Profession, sondern Militärs, Staats- 
rstört und weggeworfen, männer, Ärzte, auch wohl Naturforscher, Historiker, Juristen sind, giebt 
Die gleiche Bemerkung der modernen Philosophie einen unzünftigen, mehr weltmännischen An- 
»sophie und Nationalität strich, der von dem klerikalen Charakter der mittelalterlichen und dem 
Die griechische Philo- seherhaften der alten auffallend absticht. —
	        
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