Full text: Geschichte der neueren Philosophie

20 DIE ÜBERGANGSZEIT, 
weisen nicht unabhängige Grundvermögen, sondern ein System zusammen- Geist, Weisheit ı 
wirkender und einander fordernder Modifikationen Einer Grundkraft dar. Einheit, Gleichhei 
Daß schon bei der sinnlichen Wahrnehmung eine aufmerkende und Gott verhält 
unterscheidende Verstandesthätigkeit beteiligt sei, ist eine vollkommen Andersheit, Versc 
unmittelalterliche Auffassung; denn die Scholastik pflegte nach dem keit, wie vollend 
Grundsatze, daß das Einzelne durch den Sinn empfunden, das Allge- die Andersheit ar 
meine durch den Verstand gedacht werde, die Erkenntnisvermögen scharf die Einheit aber 
zu trennen. Ferner mutet der Gedanke, auf den der Cusaner seinen hat. Nur als Sc 
Unsterblichkeitsbeweis stützt, durchaus modern an, daß Raum und Zeit einig, an sich ist 
Produkte des Verstandes seien, daher sie dem Geiste, der sie schafft, als andres gegeni 
nichts anhaben können. Denn der Urheber steht höher und ist mächtiger die, wie schon d 
als das Erzeugnis. wird als durch Aff 
Das Geständnis, daß all unser Wissen Vermuten sei, soll nicht nur er sei Licht, Wa 
aussagen, daß die absolute oder präzise Wahrheit uns verborgen bleibe, alles, was in Wor 
sondern soll zugleich ermuntern, durch immer wahrere Vermutungen uns Unwißbare, der 
derselben nach Möglichkeit anzunähern. Es giebt Grade der Wahrheit, Ding ein Größere 
die Mutmaßungen sind weder schlechthin unwahr noch völlig wahr. Zum Größte und Klein 
Irrtum wird die Konjektur erst dadurch, daß man, der Unzulänglichkeit das absolute ma. 
menschlicher Erkenntnis uneingedenk, sich bei ihr als endgültiger Lösung in der Welt als 
beruhigt; der sokratische Satz „ich weiß, daß ich unwissend bin“ soll Gott auf einfache 
nicht zu verzweifelndem Verzicht, sondern zu mutigem Weiterforschen und in allmählich 
einladen. Immer tiefer einzudringen in das Geheimnis des Göttlichen handen ist, das is 
ist die Aufgabe der Spekulation, die letzte Enthüllung freilich wird uns alles Möglichen, « 
erst im Jenseits zu Teil. Das tauglichste Mittel bietet ihr die Mathe- absolute Aktualit 
matik mit dem Begriffe des Unendlichen und den Wundern der Zahlen- Könnens und Th 
verhältnisse dar: wie in der unendlichen Kugel Umkreis und Mittelpunkt zpsum) bezeichnet 
zusammenfallen, so ist Gottes Wesen über alle Gegensätze‘ erhaben; wie nämlich zum Sei: 
sich aus der Eins die übrigen Zahlen entfalten, so geht auf dem Wege So sehr nun 
der Explikation das Endliche aus dem Unendlichen hervor. Vor allem Anschauung des 
wird dem Denar, als der Summe der ersten vier Zahlen, eine beherrschende betonen, so wirc 
Bedeutung für den Stufenbau der Welt zugeschrieben: wie sich im auf die Neuzeit 
menschlichen Erkennen Vernunft, Verstand, Phantasie und Sinnlichkeit geradezu verleugı 
verhalten, so verhalten sich in der objektiven Sphäre Gott, Geist, Seele portion zwischen 
und Körper oder auch Unendlichkeit, Denken, Leben und Sein, ferner befangen die ihr 
die absolute Notwendigkeit Gottes, die konkrete Notwendigkeit des Univer- die Vernunft, wie 
sums, die Wirklichkeit der Individuen, die Möglichkeit der Materie. Neben verhalte sich so - 
dem Quaternar übt auch der Ternar seine Kraft: die Welt gliedert sich zum Sein. Und 
in die Stufen der Ewigkeit, der Unvergänglichkeit und der zeitlichen Universum einen 
Sinnenwelt oder der Wahrheit, der Wahrscheinlichkeit und der Verworren- einen menschliche 
heit. Überall spiegelt sich die göttliche Dreifaltigkeit, in der Welt als das Geschöpf ein 
Erzeugendes, Erzeugtes und Liebe, im Geiste als schöpferische Kraft, nennt, damit an 
Begriff und Wille. Die Dreiheit in Gott wird sehr verschiedenartig aus- und nur die For: 
gelegt: als Subjekt, Objekt und Akt des Erkennens; als schöpferischer Thun sei, das si
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.