Full text: Geschichte der neueren Philosophie

440 HERBART., 
verteidigen sich die Realen, indem jedes seine einfache, unveränderliche kenne 
Qualität erhält, d. h. lediglich sich selbst gleich bleibt. Selbsterhaltung es ist 
gegen drohende Störungen von außen (vergleichbar dem Widerstand clamit 
gegen Druck) ist das einzige wirkliche Geschehen und aus ihm ist das solle; 
scheinbare Geschehen, die erfahrungsmäßige Veränderung der Dinge zu Negat 
erklären. Was sich ändert, sind allein die Beziehungen zwischen den vorhe: 
Wesen, indem ein Ding bald gegen dieses, bald gegen jenes sich selbst Seier 
behauptet; die Beziehungen aber und ihr Wechsel sind etwas dem beste? 
Seienden gänzlich Zufälliges und Gleichgültiges. Denn allein unser ver- dieses 
gleichendes Denken stiftet die verschiedenen Verhältnisse zwischen den  verbu 
voneinander unabhängigen und unveränderlichen Realen. An sich ist Sind 
die Selbsterhaltung eines Realen so einförmig wie die Qualität, welche bloße: 
durch sie erhalten wird, aber‘ vermöge der wechselnden Beziehungen ganz 
(der Verschiedenheit der Störenden) kann sie sich für den Betrachter Stände 
auf mannigfaltige Weise als Kraft äußern. Das Reale selbst ändert sich was] 
so wenig, wie etwa ein Gemälde sich dadurch ändert, daß die verschie- was Sı 
denen Figuren auf demselben, aus der Nähe angesehen, deutlich unter- Da d: 
schieden. werden, dagegen für den entfernt stehenden Betrachter in ein Seienc 
ununterscheidbares Chaos zusammenrinnen. Das Geschehen hat im Gebiete keine 
des Seienden keine Bedeutung. — Wer so spricht, der hat das Geschehen Werde 
geleugnet, nicht deduziert. Von den vielen Einwürfen, welche Herbarts Ver- positiv 
such, mittelst seiner Theorie der Selbsterhaltungen gegen intendierte Störun- ewig. 
gen die empirische Thatsache der Veränderung zu erklären, erfahren hat, Bedür 
findet man die triftigsten bei Lotze und Zimmermann. Lehrreich ist der griffs 
gescheiterte Versuch, die Schwierigkeiten im Begriffe des Werdens und satzlos 
Wirkens zu lösen, doch: man lernt daraus, daß sie auf diesem Wege, Währe 
von dem Begriffe des spröden Seins aus, nicht gelöst werden können. den I 
Nimmt man das Zusammen, die drohende Störung und die Reaktion wahrh: 
gegen sie als Wirklichkeiten, so ist in der Affektion durch den Störenden sprüng 
der Begriff der Veränderung uneliminiert und unverbessert zurückgeblieben; bezeic 
nimmt man sie als unwirkliche Hilfsbegriffe des Denkens, so ist das durch 
Geschehen aus dem Sein in den Bereich des Scheins verwiesen. Herbart qualitg 
verleiht ihnen eine Art von Halbwirklichkeit, minder wahr als der falsche 
ruhende Grund der Dinge (ihre unveränderlich beharrenden Qualitäten) Strebe 
und wahrer als ihre widerspruchsvolle Oberfläche (der empirische Schein Eines 
des Wechsels). Zwischen Sein und Schein schiebt er wie zwischen böte, 
Nacht und Tag das Dämmerungsgebiet seiner „zufälligen Ansichten“ ihren ) 
mit ihren Beziehungen, -die das Reale nichts angehen, ihren Störungen, vor, « 
die nicht eintreten, und ihren Selbsterhaltungen, die nichts sind als Herba 
ungestörte Fortexistenz des Realen. übersi] 
Außer den Widersprüchen in den Begriffen der Inhärenz, der Ver- ) 
änderung, des. Thuns und ‚Leidens ist es der Begriff des Seins, der S. 156) 
unserem Philosophen verwehrt, dem Wirklichen Lebendigkeit zuzuer- Gedank
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.