Full text: Geschichte der neueren Philosophie

30 TELESIUS. PATRITIUS. 
als Liebe und Haß auftreten. Den mechanischen Naturgesetzen sind er sich nicht zur 
auch die übermenschlichen Geister, die Dämonen, unterworfen, in. Rom am: “1 
Als Fahnenträger der italienischen Naturphilosophie gilt Bernardinus Vanini ereilte 
Telesius! aus Cosenza (1508—1588; de rerum natura iuxta propria italienischen! W 
principia 1565, vermehrt 1586), Stifter einer naturwissenschaftlichen Ge- Ursache, dem } 
sellschaft in Neapel, die als Telesianische oder, nach seinem Geburtsort, LASSON 1872, 
als Cosentinische Akademie bezeichnet wurde. An die Stelle der aristo- gedichte,? Frank 
telischen Doktrin hat vorurteilslose Empirie zu treten, die Natur muß Leipzig 1829 uı 
aus sich selbst erklärt werden und durch wenigstmögliche Prinzipien. Es lateinischen in 3 
bedarf dazu außer der trägen, überall gleichförmigen Materie nur zweier Florenz 1879— 
thätiger Kräfte, auf deren Zusammenwirken alle Gestaltung und alles Ge- phantasievolle N 
schehen beruht: der ausdehnenden Wärme und der zusammenziehenden sondern entlehn 
Kälte. Jene hat ihren Sitz und Ausgangspunkt in der Sonne, diese den schwungvoller Be 
ihrigen in der Erde, Den Nachdruck legt Telesius, übrigens unter Aner- Philosophie eine 
kennung eines immateriellen unsterblichen Geistes, auf die sinnliche Er- bei dem er bel 
fahrung, ohne welche der Verstand keine sichere Erkenntnis zu erlangen Gedankenschritte 
vermöge. In der Erkenntnistheorie wie in der Moral ist er Sensualist, Platon, Lukrez, I 
indem er die Thätigkeit des Urteilens und Denkens für ableitbar hält Er bildet die Br 
aus der Grundkraft der Wahrnehmung und die Tugenden als verschiedene zwischen Cardar 
Äußerungsformen des Selbsterhaltungstriebes (den er auch der Materie tischen Gottesbe 
zuschreibt) auffaßt. Ursache“, der es 
Mit Telesius pflegt zusammen genannt zu werden Franciscus Patri- ist die wirkende 
tius (1529—03), Professor der platonischen Philosophie in Ferrara und dem Leibniz gir 
in Rom (discussiones peripateticae 1581, nova de untversis philosophia 1591), individuellen, un 
der, Telesianische Ideen mit neuplatonischen verbindend, aus dem gött- und Form, von A 
lichen Urlicht, worin alles Wirkliche samenhaft enthalten ist, das getrennt, eine E: 
immaterielle oder seelische, aus diesem das himmlische oder ätherische, 
aus diesem das irdische oder materielle Licht emanieren, das Urlicht aber 1 3584: LA 
sich in drei Personen gliedern läßt: das Ein und Alles (wmomnia), die cibio et uno, Dei 
Einheit oder das Leben, und den Geist (Verstand und Liebe). Spaccio della bestia 
Ihren Höhepunkt erreicht die italienische Naturphilosophie in Bruno KUHLENBECK unter 
und Campanella, von denen jener, obwohl er der ältere ist, wegen seiner Cabala del Cayallı 
. . f ; . übersetzt von KUH’ 
freieren Stellung gegen die Kirche, als der Fortgeschrittenere erscheint. 3 De 
Geboren 1548 zu Nola, erzogen in Neapel, floh Giordano Bruno 1576 et (NMUMEPABIS 
aus dem Dominikanerorden, lebte, seinen Aufenthalt häufig wechselnd, 3 Nikolaus X 
in der Schweiz, in Frankreich, England und Deutschland, wurde nach Medizin in Krakau, 
seiner Rückkehr ins Vaterland in Venedig 1592 verhaftet und erlitt, da dem Papste Paul II 
Nürnberg 1543, mit 
1 Über Telesio: FIORENTINO, 2 Bde., Neapel 1872—74; K. HEILAND,Erkenntnis- N N 
lehre und Ethik des T., Leipziger Doctordissert. 1891. — Vergl. ferner RIXNER und po ner ab an 
SIBER, Leben und Lehrmeinungen berühmter Physiker am Ende des XVI. u, am An- s 
fang des XVII. Jahrhunderts, Sulzbach 1819—26, 7 Hefte. Heft 2—6 behandeln goTeische Lchre vn 
Cardano, Telesio, Patrizzi, Bruno u. Campanella; das erste (2. Aufl. 1829) ist Para- Da ir 
celsus, das siebente dem älteren (Toh. Bapt.) van Helmont gewidmet. ©
	        
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