Full text: Geschichte der neueren Philosophie

HUGO GROTIUS. 41 
menschlichen Natur stürmt man zum Ursprünglichen zurück und hofft dort die Quelle 
‚chst grenzt er mit aller Wahrheit, die Heilung aller Schäden zu finden. Bald nennt man 
um das zus humanım es Natur, bald Vernunft (Natur- und Vernunftrecht sind Synonyma, 
;rseits zwischen ein- ebenso natürliche und Vernunftreligion) und versteht darunter das Dauernde 
n, es ist zus personale und überall Gleiche gegenüber dem Wechselnden und Verschiedenen, 
bengedachte Unter- das Angeborene gegenüber dem Entstandenen, aber auch gegenüber 
Platz; das positive dem Offenbarten., Was aller Orten und zu allen Zeiten als Gesetz gilt, 
xerrecht zus gentum gehört zum Naturrecht, sagt Grotius; was von allen Menschen geglaubt 
Quelle in der Rück- wird, bildet den Inhalt der natürlichen Religion, sagt Herbert. Nicht 
; weder hierin noch lange, so heißt es: echt, wahr, gesund und wertvoll ist nur das ewig 
Natur des Menschen. und allgemein Gültige; alles übrige ist nicht nur überflüssig, wertlos, 
Vernunftwesen den sondern vom Übel, denn es kann nur das Unnatürliche, Verdorbene 
was eine derartige sein. Diesen Schritt macht der Deismus, indem er, was nicht natürlich 
;h des Versprechens oder vernünftig im angegebenen Sinne ist, für unnatürlich und unver- 
Im (vorgesellschaft- nünftig erklärt. Auch in der Rechtsphilosophie fehlt es nicht an einer 
die Besitzergreifung parallelen Erscheinung (GIERKE, Althusius, S. 303, Anm. 99). Man darf 
von der Aneignung solche Mißgriffe nicht zu hart beurteilen. Die Zuversicht, mit der sie 
cht, sich gegen An- gemacht wurden, entsprang der sachlichen und historischen Kraft des 
der durch Vertrag Grundgedankens. 
Rache des einzelnen ‚Wie angedeutet, bildet das „Natürliche“ den Gegensatz einerseits 
rafe.. Der Sinn der zum Übernatürlichen, andrerseits zum Geschichtlichen. Solche Zusammen- 
bschreckung. Allein fassung des Offenbarten mit dem Historischen kann nicht befremden, 
; der Staat. darf nur wenn man erwägt, daß die bekämpfte mittelalterliche Weltanschauung 
quia peccatum est—ne als christliche eben eine religiös-geschichtliche war, zudem für die Reli- 
gionsphilosophie thatsächlich beides zusammenfällt, sofern die Offenbarung 
Mittelalter geläufigen als ein geschichtliches Ereignis gedacht wird und die geschichtlichen 
eichzeitig (1624) von Religionen sich den Charakter des Offenbarten beilegen. Bedenklich 
tend gemacht wurde, aber war der beiden gemeinschaftlich erteilte Titel des Willkürlichen: wie 
in der praktischen die Offenbarung ein göttlicher Ratschluß, so die historischen Institutionen 
hineinreichen. Nicht ein Erzeugnis menschlicher Satzung, der Staat das Produkt eines Ver- 
°’hilosophie bis Kant trages, die Dogmen eine Erfindung der Priester, das Gewordene ein 
latur und Satzung. künstlich Gemachtes! Es hat sehr lange gewährt, bis die Mensch- 
atnislehre, geht oder heit in der Geschichtsauffassung die Vorstellung des Willkürlichen und 
Konventionellen los wurde. Erst Hegel hat die Früchte gesammelt, deren 
utung (= internationales Samen Leibniz, Lessing und Herder ausgestreut. Wo aber auf Grund 
es das bei allen Völkern jenes Ursprünglichkeitsstandpunktes der Versuch gemacht wurde, im 
Aquin versteht darunter 7 . 
diff der erst im Gefolge Gange der Geschichte Gesetze nachzuweisen, da konnte man nur zu 
ler ursprünglichen Rein- einem Gesetz notwendigen, zuweilen durch plötzliche Erneuerungen unter- 
5 S. 273; ders., Deutsches brochenen Verfalls gelangen: so die Deisten, so Machiavelli und Rousseau. 
z des Naturrechts siehe Alles entartet, selbst die Wissenschaft trägt nur zum Verfalle bei — also 
ht“, Frankfurt aM. 1583. zurück zu den guten Anfängen. — 
gäbe SA Fragen wir schließlich nach der Stellung, welche die Kirche zu den 
HS philosophischen Rechtsfragen einnahm, so ist von den Protestanten zu
	        
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