Os
Linke Wand
Der Tanz der Salome. Dem Bild des Fra Filippo
in Prato mit gereifterer Kunst nachgebildet, zeigt aber nicht
die Stärke und Ursprünglichkeit von dessen Phantasie.
Namengebung. Eine der herrlichsten Kompositionen,
Raffaels Vorbild. Wesentlich schönes Dasein, ganz unge-
spalten entrü>t der befleckten Wirklichkeit. Heitere, sonnen-
fare, prädestinierte Jugend. Gesammeltes, ernstes, unge-
brochenes Alter. Eine veredelnde Phantasie träumt uns da
eine verschönerte Welt vor. Die Elemente nahm er aus dem
Leben, Kombination und Verbildlichung sind seine That.
So erhebt das Bild den Beschauer mit hinauf in das Gefühl
einer reinen Existenz. Feinste Abwägung der Massen.
Geburt des Johannes. Wohl das anmutigste Bild
der ganzen Reihe. Eine Wochenstube in einem vornehmen
Hause mit der üblichen Besuch8gruppe. Die großlinige
Komposition erinnert an venezianische Scenen dieser Art.
Nichts ist klein, kein Charakter geringfügig, keiner bloß lieblich.
Cin großartiges Dasein, erfüllt von vornehmer Anmut. Es
liegt ein poetischer Hauch vom Genre auf diesem Bilde, das
voll ist vom Mysterium der Kunst.
Mariae Heimsuchung. Erhebung des Porträts in
den historischen Stil infolge einer großartigen Forman-
shauung. Dadurch erhalten die dargestellten Naturen ein
Recht zur Assistenz bei religiöS-geschichtlichen Vorgängen.
Alles Vergängliche, den Charakter Trübende ist ihnen ab-
gestreift. Abschluß des Florentiner Kunstc<harakter3. Be-
wegung noch etwas würdesteif, nicht aus Pretiosentum,
sondern aus einem Rest von Unfreiheit. Die Einzelformen,
besonders Extremitäten und Gewänder haben durch die
couragiert aufgestrichenen Lichter etwas Grobgeschnitztes,
eine Unbehilflichfeit, die der Künstler nicht ahnt, und die
teils als Konsequenz der Freskotechnik erscheint, teils einem
geringen Gefühl für das körperlich Existenzielle entspringt.
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