175
der Intention, den begierigen Forscher, der mit dem Lichte
der Spekulation die rätselhafte Künstlerseele zu ergründen
bemüht ist, weit hinein in die verschwiegensten Ordnungen
des Intellekts. Vor allem aber stellen sie ihm lebhaft die
wichtige Frage vor die Seele nach der symbolischen Eigen-
schaft aller sinnenfälligen Formen für das Menschengemüt,
die rätselhafte Thatsache von den stehenden psychischen Werten
unteilbarer Einzelexscheinungen in räumlicher wie in zeit-
licher Existenz. Denn soweit der Ursprung der Kunst (im
Sinne der Veranlassung zur Kunst) außer dem Menschen
in sinnenfälligen Erscheinungen, den Objekten seiner Auf-
fassungsfkräfte, gesucht werden darf, scheint er auf einer
(vielleicht endlichen) Reihe primärer Formen der Sinnenwelt
zu beruhen, welche im Gemüte als unzerlegbare Grund-
empfindungen refleftiert werden und gleichsam das Alphabet
ves künstlerischen Vorstellung8vermögens ausmachen. Diese
Urbegriffe für die Anschauung und Urtypen des Empfindens
sind ganz unabhängig von der Verschiedenheit der Sinne;
denn die sinnlich verschiedensten Formen können sich im
geistigen Eindrucke deen, in einem einzigen Typus des
Empfindens zusammentreffen. Auch mögen diese uranfäng-
lichen Gefühlsformeln die elementaren Bestandteile aller
Gemütsvorgänge bilden, da diese zwar abstrakt und als
selbständige Schöpfungen des Subjektes erscheinen, sich aber
ohne sinnliche Veranlassung nicht denken lassen und von der
Kunst mit sinnlichen Mitteln als Form dargestellt werden.
Freilich kann bei diesem Intuitionsprozesse der Prioritäts8-
streit zwischen der passiven Form undder aktiven Empfindung,
die sich zu einander verhalten wie Veranlassung in der Zeit
und Ursache in der Jdee, nicht entschieden werden, da sie
zur Entstehung der künstlerischen Formel sich gegenseitig
Ursache und Wirkung, demnach als CEinzelbegriffe undenkbar
sind und eine doppellöfige Antinomie konstruieren lassen.
Ebensowenig kann eine aufrichtige Metaphysik entscheiden, ob