Full text: Adolf Bayersdorfers Leben und Schriften

00 
sprächigkfeit der Instrumente, welche das Ohr nicht mehr 
unterscheidend auffassen kann. 
Jeder Akt ist eine Nummer, eine endlose Periode ohne 
Interpunktionen. Die Melodienbildung, wenn man von 
einer solchen sprechen darf, ist im kleinen das Bild des 
großen Ganzen. Ein geschlossener Passus beginnt gewöhnlich 
mit einem hübschen Ansaß und bahnt sich dann, das Ohr 
in jeglicher Erwartung täuschend, meist leidenschaftlich einen 
labyrinthischen Weg, sehr geistreich, aber voll Eigensinnig- 
feit, die wie Willkür erscheinen möchte, wenn man nicht ein 
besonderes suchendes Kunstnaturell auch als berechtigt an- 
erfennen wollte. Eine intensive, oft feine Empfindung ist 
hier in eine Form gekleidet, welche uns zwar sehr gefallen 
mag, die wir uns im Augenblik des Hörens auch nicht 
anders wünschen, deren konkrete Notwendigkeit wir aber 
nicht einsehen. Das Gefühl, daß es „der einzige Weg durch 
die einzige Bahn“ sei, haben wir nicht. Wir fühlen die 
Nichtigkeit der Empfindung ohne die logische Gewalt der 
bildnerischen Erscheinung, welche dogmatisch auftreten und 
ohne einen Zweifel auffommen zu lassen, uns zum Glauben 
zwingen sollte, die uns alle weiteren Möglichkeiten der for- 
malen Gestaltung vergessen ließe. Im Gegenteil haben wir 
hier immer die Empfindung eines unausgemessenen unred- 
lichen Reiches der Töne, welches Milliarden möglicher Com- 
binationen birgt, von denen uns einige schnell herausgegriffene 
Proben gegeben werden. 
Doch wir wollen nicht Ästethik treiben, sondern wieder 
zu unserer Oper zurückkehren. Der dritte Akt der „Walküre“ 
leistet das Äußerste in lärmender Musik oder musikalischem 
Lärm. Diese fortgesezte Ohrenbetäubung ist wirklich be- 
frvemdend, und das Orchester, vor welchem die mundöffnen- 
den Sänger zu „brüllenden Nachtigallen“ herabsinken, ist in 
unglaublicher Weise angestrengt. Die gesanglichen Partien 
sind natürlich ohne Rücksicht auf Menschenmöglichkeit geseßt, 
2.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.