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die unendliche, wachsende Kluft. =- Und traurig muß ich
warten an der großen Straße der Welten ein weiteres Jahr,
bis die kleine Kugel wieder kommt. O dann, dann street
die Hand aus nach mir und nehmt mich auf wie den
Schiffbrüchigen, der auf haltloser Planke verlassen im Ocean
treibt, der rettende Bord. --
In so trüben Stunden sehe ich auch oft Euch über
lange und öde Strecken hinweg in unerreichbaren Fernen
stumm vorüberschweben ; machtlos strecke ich in unnennbarem
Sehnen die Arme nach Euch aus und sinfe weinend nieder,
wenn Ihr im bleichen Dämmerscheine langsam in die Weite
schwindet, wo die letzten Sterne zögernd niedergeh'n am
Himmels8saume, wenn schwarze Wolkennacht die Länder
deckt. --
Abend8 wenn da8 Dunkel hereinbricht, Alles in der
Stube ruht und nur die Esse des Ofens flüchtige Streif-
lichter an die Wände wirft, da drücke ich Cuch oft heiß und
glühend an meine Brust und küsse Euch auf Auge, Stirn
und Mund. Und das müßte ich immer und immer thun,
auch wenn Ihr mir Eure Liebe und Freundschaft einmal
nicht mehr schenken wolltet.
Sei nicht böse, daß ich so traurige trübe Gedanken
habe, aber ich muß sie aussprechen, sonst wäre es noch
sc<limmer und ich würde nie mehr lustig werden, und das
will ich doh noc< und zwar mit Dir und Ludwig recht
recht glü>lich. = Aber jetzt ist es noc< Nacht, ängstlich
schlagen uns die kleinen Herzchen und wir stehen zagend
und fröstelnd in dem finsteren kalten Bergwald und [önnen
den Weg nicht mehr finden, denn die Vögel haben die
gestreuten Brodbröselein, die uns wieder nach Hause führen
sollten, aufgepikt; wir weinen rathlos und wissen nicht, ob
wir an dem einsamen Häuslein der bösen Hexe auf der
kahlen Halde oder des Menschenfressers versteckter Hütte im
dunklen Forste glücklich vorbeigelangen, ob wir das alte ver-