Full text: Adolf Bayersdorfers Leben und Schriften

349 
liegen bleibe und auf halbem Wege verende, so will ich mit 
dem lezten Hauche meines Athems den letzten innigsten 
Seufzer meiner Liebe aussenden nach Dir, und er wird 
Dich treffen, seist Du auch im entferntesten Lande. Adieu 
für heute. 
Adolph. 
10. Februar 1865. 
Ich hörte Fräulein Patti singen. Jc< ging mit eigen- 
tümlichen Erwartungen in das Concert. J< glaubte ihr 
Gesang werde sein; groß und schön, antik und tadellos, das 
Höchste in Schule und Technif, marmorkalt und marmoxr- 
schön, zum Anstaunen und Bewundern, aber nicht geschaffen 
für warme Liebe und Empfindung. I< wurde enttäuscht, 
wie noch nie. Ich weiß nicht mehr, welche Musik sie sang, 
aber nach dem Programm war sie zweifellos schlecht, ja ich 
weiß kaum mehr, wie sie es sang, ich weiß nur noch, daß 
statt der erwarteten, vollen klassischen Stimme ich eine feucht- 
wehmüthige, mädchenhaft scheue und schüchterne Stimme 
hörte, die mir wie ein glühender Strahl durch das Herz 
fuhr, so kindlich und klagend, so naiv und ursprünglich, daß 
mir die Thränen schon bei den ersten Tacten mit unwider- 
stehlicher Macht hervorbrachen. I< kann unmöglich sagen, 
welche Millionen von Gefühlen und Erinnerungen mich be- 
stürmten. Ich war wieder ein Kind, und mit mir sprach 
die große Mutter Natur, die von jeher ein Kind war und 
geblieben ist. Sie sang wie ein Vogel so unmittelbar und 
so leicht, aber wie ein gefangener Vogel, ein fremder, dessen 
Stimme so lieblich und heiter ist“ wie das Land in dem er 
2
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.