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rationen von Modekappen und Hüten hindur<h. Wohin
Schlaume sich des Abends zurückzog und wo seine großartigen
Geschäftsmagazine lagen, das wußte niemand, aber daß er
einen kleinen Enkel bei sich hielt und erzog, den letzten ver-
waisten Sprossen seines Geschlechtes, das jagte er manchmal
jelbst, wenn er um ein abgelegtes Hös8chen -oder Jäckchen
feilschte. Der kleine Schmuel, dessen ganze jugendliche Welt
der eine liebevolle Großvater ausfüllte, war ein aufgeweckter,
wollköpfiger Junge, der die Volksschule besuchte und sich
vorgenommen hatte, ein großer Gelehrter zu werden. Der
Großvater hatte andere Pläne und hielt das Gelehrtwerden
für die größte Thorheit, die ein Mensch begehen fönnte.
Ein gelehrter Rothschild lag ebenso jenseits seines Fassungs8-
vermögens, als ihm ein armer Gelehrter ein geläufiger Be-
griff war. Als daher Schmuelchen die pflichtgemäßen Schul-
jahre hinter sich hatte, nahm der Großvater alle seine
Konexionen zusammen und verdingte ihn glücklich als Lauf-
jungen in ein großes Geschäft8haus, wo er auf dem langen
Wege zum Reichtum die ersten Schritte machen sollte. Am
Vorabende seines Amtsantrittes gab er ihm noc<h hundert
gute Ermahnungen und belehnte ihn feierlich mit der vor-
weltlihen Müße, da es von jetzt an nicht mehr schicklich
war, daß Schmuel barhäuptig durch die Welt lief, wie er
es biSher gethan.
Zaghaften Sinnes trat der kleine Schmuel mit der
großen Müße in seine Stellung. Das Geschäft8haus, in Dessen
Betrieb er als jüngster und letzter Beamter eingefügt worden
war, handelte hauptsächlich mit einem vielbegehrten über-
seeischen Artikel, welcher jedoch aus Sparsamkeitsrücksichten
den Gefahren einer großen Seereise nicht ausgesekßt, sondern
in der nächsten Nähe fabriziert wurde. In einem Magazine
hinter dem Warenlager wurde er dann kunstgerecht ver-
pat, mit den besten havannesischen Export- und Bremer
Jmportsiegeln versehen und somit die weite und gefährliche
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