Full text: Adolf Bayersdorfers Leben und Schriften

4. - 
nur seinem Geiste, sondern auch seinem Herzen lebenslang 
die köstlichste Nahrung bot. 
Mit Bildung jeder Art gesättigt, in seinem Wissen 
und Urteil mehr selbstgestaltet, al8 von anderen gewiesen, 
von den reifsten Kunsterfahrungen dur<drungen, urteilssicher 
durch die Kraft seiner Anschauung, von den Irrtümern der 
Zeit durch eigene That befreit und weit über sie hinaus- 
sehend, waltete und wirkte nun dieser merkwürdige Mann 
mehr als 30 Jahre in dem göttlichen Gebiete der Kunst und 
wob in die Geschichte dieser Zeit die unsichtbaren Fäden 
seines Geistes; denn es war leider nicht seine Art, die un- 
ermeßlichen Schäße seines Innern mühsam auszugraben und 
als ewige Werke vor uns hinzustellen. Wohl hat er einige 
Schriften hinterlassen (und mehr als man gemeiniglich glaubt) 
in denen sich die wunderbare Kraft seines Denkens und 
Empfinden8 herrlich au8drückt. Aber sie wirken nur als 
Proben seines Könnens, die es uns alle bitter beklagen 
lassen, daß er dies Schaffen unterließ. 
- Den ungehobenen Schaß seiner großen Anschauungen, 
seines Wissens und seiner Kunsterfahrungen, ja sogar seiner 
Entdeckungen verschenkte er in diesen langen Jahren im 
Austausch der Gedanken mit Künstlern, Fachgenossen und 
geiste8verwandten Freunden jeder Art, nicht zu gedenken 
dessen, was er in Wilz, Satire und Humor an Geist ver- 
sprühte. So gab er das edle Gold seiner Gedanken hin, 
das er so wunderbar zu prägen verstand, zufrieden, daß es 
wirkte, ohne Ehrgeiz, ohne an sich selbst zu denken. 
Seine Kunstanschauung war schon in seiner Studien- 
zeit zu klaren Vorstellungen vom Wesen und den Prinzipien 
der darstellenden Kunst aufgewachsen, zu einer Zeit, als diese 
sich in ausgelebten Formen erschöpft hatte und die Wissen- 
schaft ihrer Grundsäße, Ästhetik, sich mit Fiktionen vergeblich 
abmühte, das Kunstwerk zu verstehen. 
Damals stand er, ein seltener Kenner der Dinge, gegen 
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