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die herrschende Zeit und entwickelte Grundsäße, welche jett
erst verstanden zu werden beginnen, wie 3. B. von der
autochthonen Kraft der künstlerischen Mittel, die das psycho-
logische Gesez ihres Wirkens in sich und wir in unserer
Seele tragen.
Dem stolzen AkademiSmus und der Kunst des Marktes
jener Zeit, die das. Feld beherrschten, stand damals eine
junge neue Kunst entgegen, unbegriffen, zurückgewiesen und
verhöhnt. Das waren alle jene. großen Künstler, die wir
heute preisen, die wahren Umgestalter unserer Kunst zur
heutigen Form, Böcklin, Thoma, Haider, Steinhausen,
Trübner, vielleicht auch Viktor Müller, Leibl u. a. Ihnen
allen und vielen anderen ähnlich Strebenden war Bayer8-
Dorfer der verständnisvolle Freund, der ihnen Freunde warb,
ihren Mut hob in langer Not und half, wo es immer ging.
Der glänzende und doch so bescheiden auftretende Geist, den
ich Ihnen geschildert habe, zog alles an, was sich ihm nur
verwandt fühlen fonnte. Unübersehbar ist die Zahl der
Freunde, die er sich im Laufe der Zeit verband. Seine
intimsten, ohne die man seinen Namen nicht nennen kann,
waren Karl Du Prel und Martin Greif, von denen er dem
Philosophen in seinen psychologischen Bestrebnngen zur Seite
trat, dem Dichter aber durch eine geistreiche ästhetische Analyse
das Verständnis der Zeit erschloß.
Wenn diesem durch seine herrliche Natur an innerem
Glück so reichen Mann noch etwas Großes geschenkt werden
konnte, was ihm seine Heimat nicht gab, so war es Italien
und ins8besondere Florenz, dieser Garten voll Kunst, wohin
er 1874 zog. Das38 mögen wir ihm nachempfinden, was er
dort genoß. Enge Freundschaft verband ihn dort mit Arnold
Böcklin und dem geiste8verwandten Kenner, Sammler und
Kunsthistoriker Baron v. Liphart; und wie vielen bedeutenden
Menschen, die alljährlich diese Stadt durchziehen, wurde er
zum Freund und Cicerone.
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