A. Allgemeine Lehren. V. Legitimation. 29
liches Rechtsgeschäft ist z. B. die Eheschließung, die Annahme an Kindes
Statt. Die vermögensrechtlichen Rechtsgeschäfte beherrschen den
Verkehr. Sie sind entweder Verfügungsgeschäfte oder Verpflichtungs-
geschäfte. Durch das Verpflichtungsgeschäft wird eine Schuldverbind-
lichkeit begründet, die imstande ist, eine künftige Vermögensäinderung
(z. B. Eigentumsverschaffung an Waren). zuzusagen, niemals aber diese Ver-
mögensänderung selbst bewirkt. So ist z. B. der Kauf ein Verpflichtungs-
geschäft: von beiden Seiten wird eine Leistung zugesagt (Leistung des
Preises, Leistung der Ware). Aber der Kaufvertrag selber bewirkt die
Leistung nicht. Es muß ein zweites Rechtsgeschäft (Übereignung des
Geldes, der Ware) hinzukommen, das die Leistung vollzieht, welche die
gewollte Vermögensänderung nicht bloß in Aussicht stellt, sondern her-
beiführt. Diese unmittelbar die Vermögensänderung bewirkenden Rechts-
geschäfte, z. B. die Veräußerung, Verpfändung, Erlaß einer Schuld, sind
Verfügungsgeschäfte. Die Verpflichtungsgeschäfte sind die Kredit-
geschäfte, die Verfügungsgeschäfte aber die Leistungsgeschäfte des
Verkehrs. Der Austausch der Güter wird durch Verpflichtungsgeschäft
vorbereitet, durch Verfügungsgeschäft bewirkt. Um der Verfügungs-
geschäfte (des Güteraustausches) willen ist der ganze Verkehr da.
V. Legitimation. Das Verfügungsgeschäft vermittelt den sog. ab- Abgeleiteter
geleiteten Rechtserwerb. Der Verfügungserwerber ist der Nachmann. Der Es
Verfügende (z. B. der Veräußernde, Verpfändende, Erlassende) ist sein Vor-
mann (auctor)l. Der Erwerb des Nachmanns ist von dem Rechte des Vor-
manns abhängig. Nur die Verfügung des Verfügungsberechtigten (des
wahren Eigentümers, des wahren Gläubigers) ist durch sich selber eine
wirksame Verfügung. Der Verfügungserwerb ist ein durch das Recht des
Vormanns bedingter Erwerb.
So notwendig diese Sätze erscheinen, so unzulänglich sind sie doch
für den Verkehr. Der Erwerber ist außerstande, die Berechtigung seines
Vormanns jedesmal hinlänglich nachzuprüfen. Der abgeleitete Erwerb
durch Verfügungsgeschäft ist als solcher ein unsicherer Erwerb. Das Recht
der Verfügungsgeschäfte bedarf im Verkehrsinteresse einer Ergänzung.
Im römischen Recht ist zu diesem Zweck die Ersitzung ausgebildet Ersitzung.
worden. Sie dient ergänzend wenigstens für den Sachverkehr. Wer gut-
gläubig durch Veräußerungsgeschäft eine Sache vom Nichteigentümer er-
worben hatte, erwarb in der Regel trotz mangelnden Rechts seines Vor-
manns das Eigentum nachträglich durch Ersitzung, d. h. dadurch, daß er
die Sache eine bestimmte Zeitlang besaß. Nach dem Rechte des Corpus
Juris werden bewegliche Sachen in drei Jahren, Grundstücke in zehn bzw,
zwanzig Jahren vom gutgläubigen Erwerber ersessen. Die römische Er-
sitzung ist im 16. Jahrhundert durch Aufnahme des römischen Rechts auch
bei uns zur Geltung gelangt. Sie sichert den Erwerb des Sacherwerbers.
Aber sie sichert ihn erst nach Ablauf einer geraumen Zeit. Es bleibt dabei,