C. Das Sachenrecht. I. Wesen der Sachenrechte. Il. Fahrnis und Liegenschaft. 53
torische dingliche Klage gegen einen störenden Dritten muß vom Ver-
pächter erhoben werden.
Die Sachenrechte sind entweder Nutzungsrechte, d.h. sie geben recht- Arten der
liche Macht über den Körper der Sache: so das Eigentum, das Erbbau- Sachenrechte:
recht, der Nießbrauch, die Grunddienstbarkeiten. Oder sie sind Ver-
schaffungsrechte, d.h. sie geben rechtliche Macht nur über das Recht an
der Sache (das Eigentum): so die Hypothek, die Reallast, das dingliche Vor-
kaufsrecht, das Pfandrecht an Fahrnis. Die dinglichen Nutzungsrechte
(vor allem das Eigentum) bilden den Mittelpunkt des Sachenrechts, ja des
ganzen Vermögensrechts. Sie geben unmittelbare Machterweiterung und
sind darum von gegenwärtigem Werte. Sie sind durch ihren Inhalt
befriedigt, sind um ihres Daseins willen da, tragen nicht jene Sehnsucht
nach dem eigenen Untergange in sich, welche die Forderungsrechte und
im wesentlichen ebenso die dinglichen Verschaffungsrechte kennzeichnet.
Sie besitzen ihren Gegenstand und genießen den Augenblick. Sie sind
der Zweck des Vermögensrechts und des Vermögensverkehrs.
Il. Fahrnis und Liegenschaft. Das frühere gemeine deutsche
Sachenrecht beruhte auf dem römischen Recht des Corpus Juris, das
sachenrechtlich keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Arten der
Sachen machte. Für das Eigentum am Grundstück galt das gleiche Recht
wie für das Eigentum an einem Stück Löschpapier..
Das mittelalterliche deutsche Recht hatte einen anderen Standpunkt. Mittelalterliches
In den Zeiten der Naturalwirtschaft spielt der Grundbesitz selbstverständlich Sachenrecht
eine ganz andere Rolle als die Fahrnis. Der Grundbesitz ist alles, Fahrnis
ist nichts. Der Grundbesitz ernährt den Mann; fahrende Habe kann in
der Hauptsache nur als Ausstattung des Grundstücks in Frage kommen.
So ist im deutschen Mittelalter das Grundstück der Aristokrat unter den
Sachen. Der Grundbesitz ist privatrechtlich privilegiert. Er hat sein be-
sonderes Sachenrecht. Das Liegenschaftsrecht ist viel höher entwickelt,
als das Fahrnisrecht. Die verschiedensten rechtlichen Herrschaftsformen
über das Grundstück kommen zur Ausbildung, während an Fahrnis in der
Hauptsache nur Eigentum möglich ist. Die ganze öffentlichrechtliche Ge-
schichte des Mittelalters spiegelt in der Ausgestaltung des Liegenschafts-
rechts sich wider. Neben dem Eigentum am Grundstück entwickelt sich
das Lehnrecht des Rittersmanns, das bäuerliche‘ Leiherecht, das städtische
Leiherecht, das Leibzuchtsrecht, das Satzungsrecht, die Reallast usf. Das
Fahrnisrecht des Mittelalters ist arm im Vergleich mit dem Liegenschafts-
recht.
So hat denn auch das Mittelalter für den Grundbesitz besondere Ver-
kehrsformen ausgebildet. Der Fahrnisverkehr vollzieht sich durch un-
feierliche, der Grundbesitzverkehr durch feierliche Besitzübergabe. Fahrnis
geht ohne weitere Umstände von Hand zu Hand; bei Grundbesitz-
übertragung aber muß mit allen Glocken geläutet werden. Die feierliche