167 LUDWIG VON BAR: Internationales Privatrecht.
befindliche oder von demselben aus erreichbare Vermögen beschränkte
Konkurse eröffnet werden können. Gegen die volle universelle Wirksam-
keit des Konkurses ist übrigens auch vom Standpunkte der Zweckmäßigkeit
aus geltend zu machen, daß ohne besondere, nur durch positive Bestim-
mungen in Staatsverträgen zu schaffende Maßregeln und Einrichtungen die
universelle Wirksamkeit eines Konkursverfahrens die Rechte der in
anderen Ländern wohnenden Gläubiger schwer schädigen könnte. Als
Vorbedingung für vertragsmäßige Erstreckung der vollen Wirksamkeit
eines im Auslande eröffneten Konkurses ist ein weitgehendes Vertrauen
in die Justiz des anderen Staates zu betrachten und eine nicht zu
große Differenz der Gesetzgebungen in Ansehung der Rechte der ein-
zelnen Gläubiger. Der richtige Schritt zu einer den Bedürfnissen des
Verkehrs wirklich entsprechenden Regelung ist daher nicht ein univer-
seller, jedem Staate den Beitritt ermöglichender internationaler Vertrag.
Vielmehr sind für absehbare Zeit nur Verträge, die unter einzelnen
Staaten zu schließen wären, zu empfehlen. Ein allgemeiner Vertrag der
ersteren Art, mit dessen Feststellung sich die im Haag abgehaltenen Kon-
ferenzen allerdings schon beschäftigt haben, dürfte jedenfalls nur einen
beschränkten Inhalt haben, gewissermaßen einen Rahmen darstellen, der
durch die Bestimmungen der Einzelverträge auszufüllen wäre. Obgleich
nun, wie bemerkt, der in einem Lande eröffnete Konkurs — eröffnet
wird ein Konkurs am Orte der Handelsniederlassung, bzw. des Wohn-
orts — nicht ohne weiteres extraterritoriale Wirksamkeit äußert, ein
Standpunkt, der insbesondere von der deutschen Konkursordnung zu-
folge deren ausdrücklicher Bestimmung eingenommen wird, so ist es doch
keineswegs ausgeschlossen, daß in einem Staate auf Grund des in einem
anderen Staate eröffneten Konkurses Maßregeln beantragt werden, welche
die Rechte der an dem Konkurse teilnehmenden Gläubiger schützen. Ein
Gläubiger, der an einem im Inlande eröffneten Konkurse teilnimmt, muß
der richtigen Ansicht nach auch den Zwangsvergleich, der das Ergebnis
dieses Konkursverfahrens ist, im Auslande gegen sich gelten lassen.
Schlußwort. Die Ziele des Internationalen Privatrechts sind möglichst universelle
Sicherheit der Privatrechtssphäre der einzelnen Personen und möglichst
zweckentsprechende Wirksamkeit der Privatrechtsnormen der einzelnen
Staaten, ungeachtet der Verschiedenheit der Gesetzgebungen und der
Wahrung der Souveränität der Staaten. Uniformität der Gesetzgebungen
würde, wenn in größerem Umfange möglich, das erste jener Ziele voll-
kommener erreichen lassen, aber den Fortschritt hindern und die Selb-
ständigkeit der einzelnen Staaten zu sehr beeinträchtigen. Zu den Mark-
steinen des richtigen Weges gehören viele der Bestimmungen der italieni-
schen Gesetzgebung von 1865, der Haager Konventionen und des Ein-
führungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich
von 1806.
IV