B. Die kritische Rechtstheorie. I, Fragestellung und Methode, XVII
d stofflich bedingten Inhaltes stehen. Man hat wohl beobachtet, wie ein
u gegebenes geschichtliches Recht sich in die besondere Kultur eines ab-
1S gegrenzten Zeitalters einfügt, und wie dabei bestimmte Forderungen auf
r anderes Recht sich loslösen und der bestehenden Ordnung gegenüber-
h treten. Aber diese Unterscheidung von geltendem Rechte und von
Ye Rechtspostulaten ist etwas ganz anderes, als die Gegenüberstellung
von besonderem rechtlichen Stoffe und von allgemeiner formaler
ie Methode, einen beliebigen bedingten Rechtsinhalt zu richten und zu be-
g stimmen. Diese letztere Trennung ist von dem Gegensatz der /ex lata und
nn ferenda unabhängig; sie findet sich in jedem von diesen wieder. Sie ist
SS die grundlegende Voraussetzung für jede mögliche Rechtswissenschaft,
är während die andere genannte Zerteilung nur eine äußerliche Unter-
Je scheidung nach der Zeit der empirisch gegebenen oder fehlenden
ar Geltung wiedergibt. Sachlich aber können auch sog. Rechtspostulate, als
an Forderungen auf Abänderung eines bestimmten Rechtes, richtig oder un-
er richtig sein, so daß sich überall die Frage erhebt: in welchem metho-
in dischen Beweisgang man das eine oder andere begründen kann. Der
in Gedanke der Richtigkeit ist eine formale Eigenschaft, welche jedem
an besonderen Rechtsinhalt zukommen kann, dem gewesenen, dem heute be-
de stehenden oder einem angestrebten.
se Diese Unterscheidung von „Form“ und von „Stoff“ kann gar
7 nicht scharf genug betont werden. Erst nach ihrer klaren Erfassung
hin und vollen Durchführung mag das Mißverständnis schwinden, als ob es
N S. darauf abgesehen sein sollte, dem geschichtlich gewordenen Recht ein
= ideal erschaffenes Recht gegenüberzustellen. Davon ist keine Rede.
es Dem Stoffe nach ist alles Wollen geschichtlich bedingt. Es erwächst
nd. aus besonderer historischer Lage und hat für seine genetische Betrachtung‘
in notwendige Ursachen. Aber jedes inhaltlich besondere Wollen hängt mit
anderen, konkret von ihm verschiedenen, in einer inneren Gleichartigkeit
van zusammen. Sie, die einzelnen, treffen sich in einer gemeinsamen for-
en malen Art. Nach einer solchen fügen sich stofflich mannigfaltige Normen
ut einheitlich dem Begriffe des Rechtes unter, nach formaler Weise lassen
alt sie sich dann wieder in sachlich richtiges und unrichtiges Recht einteilen.
en In der Tat geschieht dieses letztere ja auch unaufhörlich. Nicht leicht
n- wird jemand, der ein bestimmtes rechtliches Wollen betrachtet, Jurist oder
en Laie, darauf verzichten, dieses besondere Recht einem kritischen Urteile
ng auf seine sachliche Berechtigung hin zu unterwerfen. Sonach lautet
ird unser Problem: Was heißt es eigentlich, ein Gesetz, eine Vertragsforderung
en oder ein anderes rechtliches Wollen für sachlich begründet oder unbegründet
zu erklären?
die Die gestellte Aufgabe besteht hierbei darin, uns über die Gedanken,
ne die wir in den erwähnten kritisch richtenden Urteilen wirklich hegen,
ron durch methodische Selbstbesinnung‘ aufzuklären. Es sind jetzt nicht
Se neue Rechtssätze zu erfinden, es ist nicht der Stoff rechtlichen Wollens
DIE KULTUR DER GEGENWART. Il. 8.