III. Kirchenmitgliedschaft. 265
daß durch die zwangsweise Durchsetzung kirchlicher Pflichten mittels der
kanonischen Strafgewalt oder evangelischen Kirchenzucht ihren bürger-
lichen oder staatsbürgerlichen Rechten kein Abbruch geschieht. Ander-
seits und umgekehrt kann aber auch die volle Erfüllung der bürgerlichen
und staatsbürgerlichen Pflichten nicht durch Berufung auf angeblich ent-
gegenstehende kirchliche Verpflichtungen ausgeschlossen werden. (Preuß.
Verf. a. 12.)
3. Die Beendigung der Kirchenmitgliedschaft geschieht durch Tod Beendigung
oder Austritt nal
Das Begräbniswesen ist hinsichtlich des Ortes, der Zeit und der
Bestattungsweise teils auf der Grundlage privatrechtlicher Eigentums-
verhältnisse, teils aus publizistischen Rücksichten, namentlich den Inter-
essen der polizeilichen Ordnung säkularisiert. Innerhalb der durch das
staatliche Recht gezogenen Schranken ist die Freiheit der Kirchen zur
selbständigen Aufrichtung und Handhabung kirchlicher Begräbnisordnungen
geschichtlich und positiv rechtlich anerkannt. Insbesondere bezieht sich
diese Freiheit nicht bloß auf die autonome Ausgestaltung des Begräbnis-
kultus, sondern ebenso auf das Recht der Versagung des kirchlichen Versagung des
Begräbnisses. Auch hier aber wirkt die prinzipielle Differenz der Kon- Keen
fessionen entscheidend ein. In der katholischen Kirche ist die Ver-
weigerung des kirchlichen Begräbnisses Strafe, welche entweder als
Selbstfolge von Zensuren (öffentlicher Exkommunikation, namentlichen
Interdikts) oder aus selbständigem Grunde (so bei Selbstmördern, Duel-
lanten) eintritt. Sie ist wirkliche Strafe von der Voraussetzung aus, daß
sie der Seele des Verstorbenen mit einer in die Ewigkeit ragenden Rechts-
gewalt ein Gnadenmittel, das suffragium animae vorenthält. Diese Auf-
fassung ist in der evangelischen Kirche unmöglich. Unmöglich daher
auch, die Versagung des kirchlichen Begräbnisses irgendwie unter den
Gesichtspunkt einer strafenden Kirchenzucht zu stellen. Die Versagung
des kirchlichen Begräbnisses in der evangelischen Kirche muß prinzip-
gemäß zur Voraussetzung nehmen, daß, aus welchem Grunde -immer, der
mitgliedschaftliche Zusammenhang zwischen ihr und dem Ver-
storbenen schon bei dessen Lebzeiten gelöst war. Die Nichtbeteiligung
am Begräbnis ist der folgerichtige Ausdruck dieses Verhältnisses. Die
Gründe jener Voraussetzung kasuistisch und formalistisch bestimmen zu
wollen, widerspricht evangelischem Kirchenwesen ganz und gar. Ihm ist
allein entsprechend, daß im weitherzigsten Geiste evangelischer Freiheit,
unter Berücksichtigung vor allem auch der Einwirkung auf Angehörige
und Gemeinde, Pfarrer und Gemeindeorgane im KEinzelfalle entscheiden.
Auch zur Leichenverbrennung stellen sich beide Konfessionen grund- Stellung der
sätzlich verschieden. In den neueren Entscheidungen der Congregatio zw
Inquisitionis ist sie als „detestabilis abusus“ bezeichnet und sind, wenn verbrennung.
sie auf eigener Anordnung des Verstorbenen beruht, jeder kirchliche
Leichenritus und die Exeauien versagt. In der evangelischen Kirche ist