B. Die kritische Rechtstheorie. II. Sittliches Wollen und soziales Wollen. XIX
Eigenart des modernen Sprachgebrauches erschwert, der das Wort
„Gesetzmäßigkeit“ mit Vorliebe im Sinne erkannter Kausalität nehmen
möchte. Aber dieses ist doch nur eine besondere Richtung in den
Aufgaben des objektivierenden Bewußtseins, während der sachliche Gedanke,
dem das Wort „Gesetzmäßigkeit“ den zutreffenden Ausdruck verleihen
soll und auch sehr gut verliehen hat und verleiht, der einer allgemein
gültigen Art des Erkennens und des Wollens ist. Danach bedeutet
Gesetzmäßigkeit der Zwecke eine einheitliche und letzte und unbedingt
mögliche Methode, den Inhalt von menschlichem Wollen in Gedanken
zu richten und zu bestimmen. Da dieses formale Verfahren schlechter-
dings für alle denkbaren menschlichen Zwecke anwendbar sein soll, so
kann es nur in der Idee einer solchen Art und Weise des Wollens
bestehen, daß sie von der Besonderheit der gerade vorliegenden sub-
jektiven Lage befreit vorgestellt wird. Es wird ein gesetzmäßig
begründeter Zweck danach dann vorliegen, wenn er nicht nur als Ziel
eines begrenzten ‚persönlichen Begehrens begreiflich erscheint, sondern
auch in Abstraktion von der Sonderart dieses Subjektes allgemeingültig
für jeden in solcher Lage gedachten Menschen begründet besteht. So
ist die Idee des inhaltlich freien Wollens die Gesetzmäßigkeit der
Zwecke. — Kein wirklich gegebener Willensinhalt kann dieser Idee jemals
völlig entsprechen. Es gibt immer nur stofflich bedingtes Wollen.
Aber es ist doch ein Unterschied, ob es in seiner Bedingtheit erstirbt
und von dem Wollenden nur als bedingtes behauptet werden kann,
oder ob es als objektiv gerechtfertigter Zweck aufzutreten vermag.
In dieser letzten Absicht bildet jener formale Gedanke des inhaltlich freien
Wollens die Richtlinie für ein methodisch gesichertes, kritisches Urteil
über empirisch bedingtes Wollen, — nach einem vordem schon gebrauchten
Bilde: den Stern, zu dem man aufblickt, nicht um ihn zu erreichen und
dort zu landen, aber doch, um sein Schifflein nach ihm zu richten zu
rechter guter Fahrt.
_ Dieser leitende Gedanke einer gesetzmäßigen Art und Weise des Absolut gültig
. Richtens und Bestimmens ist absolut gültig, — das, was nach ihm ta
- konkret gerichtet und bestimmt wird, kann höchstens objektiv richtig
ü sein. Es hat diese Eigenschaft, wenn es dem unbedingt geltenden formalen
7 Gesetz in dieser besonderen Lage entspricht, soviel wir nur sehen können.
© Aber es kann niemals ganz mit ihm zusammenfallen und volle Deckung finden,
7 eben weil es von bedingtem Stoff ist; und es ist veränderlich und ver-
. besserbar. Es ist keine ewige Wahrheit, aber es will auch keineswegs
| bloß subjektive Bedeutung haben, sondern gegenständlich gerecht-
© fertigt sein. Sonach darf man beim menschlichen Wollen, also auch bei
i dem Rechte, nicht bloß zwei Möglichkeiten unterscheiden: absolut
gültigen Rechtsinhalt und geschichtlich bedingten, sondern es ist
} dreifach zu trennen: einmal die absolut gültige formale Methode
- und sodann innerhalb des geschichtlich bedingten Rechtsinhaltes
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