468 FERDINAND VON MARTITZ: Völkerrecht.
des völkerrechtlichen Verbandes in Mitleidenschaft zieht, so hat sich das
Verhalten der Kriegführenden auch ihnen gegenüber feststehenden Rechts-
regeln unterwerfen müssen. Sie sind neutrale Mächte.
II. Die kriegführenden Teile. Die rechtliche Fähigkeit, in
Kriegszustand zu treten, wohnt nur den völkerrechtlich anerkannten Rechts-
subjekten bei. Andrerseits wird sie keinem Staate versagt, auch nicht dem
Der Bürgerkrieg. in Seiner Rechtsfähigkeit beschränkten. Politische, innerhalb eines Landes
militärisch miteinander kämpfende Parteien können sich gegenseitig wie
kriegführende Mächte behandeln, in welchem Falle der Bürgerkrieg für
die streitenden Teile, damit aber auch für die Neutralen, den Charakter
des völkerrechtlichen Krieges annimmt. Werden die Rebellen seitens
dritter Staaten als ‚eine kriegführende Macht ausdrücklich anerkannt, so
involviert dies eine Neutralitätserklärung.
Kriegs- Auf zwiefache Weise kann ein Land mit mehreren Mächten zugleich
gomeinschaften. an Kriegszustand treten: einmal so, daß ein zufälliges Zusammentreffen
stattfindet, so daß seine Gegner gegenseitig neutral bleiben. Dergleichen
kommt heute kaum mehr vor. Die Regel ist, daß zwei oder mehr
Regierungen sich verbünden gegen eine dritte, sei es im konkreten Fall,
sei es eventuell, Krieg gemeinsam zu führen. Ein derartiger Allianzvertrag
kann sich auf Verteidigung oder auf Angriff oder auf beides richten. Er
steht unter den Regeln des völkerrechtlichen Obligationenrechts und be-
gründet für die Verbündeten als Hauptparteien eine Kriegsgemeinschaft;
ohne gegenseitige Zustimmung dürfen sie weder Separatfrieden noch
Waffenstillstand schließen. Verpflichtet sich dagegen ein Staat dazu, an
einem von der Hauptpartei eröffneten Kriegszustand nur durch gemessene
oder ungemessene Leistungen oder Vergünstigungen teilzunehmen, so
liegt bloße Kriegshilfe vor. Die Auzxiliarmacht ist Nebenpartei. Freilich
nach heutigem Recht läßt sich auch die Gewährung von Kriegshilfe mit
neutraler Stellung nicht vereinigen. Die Auxiliarmacht ist als feindlich
zu behandeln, auch wenn sie sich darauf beruft, lediglich einen sie binden-
den Vertrag erfüllen zu müssen.
Die Kriegs- Eine Kriegserklärung, d. h. die formelle Mitteilung des Angreifers an
xklärung. den Gegner, daß fortan für beide Teile das Kriegsrecht in Geltung trete,
ist seit dem 18. Jahrhundert in Abgang gekommen. VöÖlkerrechtlich ist
hinreichend, aber auch erforderlich, daß der Entschluß Krieg zu führen
in unverkennbarer Weise offenkundig gemacht werde, entweder durch
ausdrückliche Erklärung, sei es pure, sei es eventuell (Ultimatum, Som-
mation), sei es betagt, sei es unbefristet; oder durch unzweideutige Tat-
sachen. Ein nicht zu gewärtigender Beginn mit militärischen Feindseligkeiten
wäre ein Überfall, ist völkerrechtswidrig und würde von den betroffenen
Neutralen nicht als Eröffnung des Kriegszustandes anzuerkennen sein.
Der Kriegs- Nach der Verschiedenheit des Kriegsschauplatzes ist der Krieg Land-
Sa krieg oder Seekrieg. Für den letzteren gelten weitgreifende Besonder-
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